Peter Drauschke wollte den idealen Staat, in dem keine Not herrschte. Deshalb siedelte er von Hamburg in die DDR um, begann ein Studium und machte Karriere als FDJ-Sekretär. Doch schnell lernte er die wahre Seite der SED-Diktatur kennen – und diese war ganz und gar nicht mit seinen geliebten Theorien zu vereinbaren.
Ein besonderer Besuch brachte am Montag, den 11.04.2016, Abwechslung in den Politikunterricht unserer Berufsschulklassen SozVers 14-1 und 14-2 am Schulzentrum Grenzstraße. Auch für Peter Drauschke (geb. 1945) war dieser Besuch etwas Besonderes - denn wie er uns stolz berichten konnte, war dies sein 350. Vortrag an Schulen und Universitäten. Denn Herr Drauschke reist seit langem durch Deutschland und auch in das Ausland und erzählt einer nachfolgenden Generation seine Geschichte. Drauschkes Lebensgeschichte war schließlich voller Überzeugungen und vor allem Enttäuschungen. Er wuchs als „Hamburger Jung“ in der Nachkriegszeit auf. Die Versorgungsknappheit prägte seine jungen Jahre. Als wissbegieriger Junge, der auf der Suche nach einer besseren Welt war, sympathisierte er immer mehr mit den Lehren von Marx und Engels. Noch im Jugendalter traf Drauschke eine folgenschwere Entscheidung: als überzeugter Kommunist siedelte er freiwillig und mit viel Hoffnung von der Bundesrepublik in die DDR über. Ganz ohne Eltern folgte er seinen idealistischen Zielen in den Osten. All die warnenden Worte konnten ihn in seinem Drang nicht aufhalten. Ein Schritt, der uns Schüler erstaunte. So kannten wir aus der Geschichte doch meist nur Fluchtversuche aus der DDR – ein freiwilliger Einzug hinter die Mauern war uns neu und aus heutiger Sicht unverständlich. Doch Drauschke folgte seiner Vorstellung eines idealen Staates, in dem keine Nöte mehr bestehen sollten. Nach seiner Einreise begann er ein Studium und machte Karriere als FDJ-Sekretär. Doch schnell lernte er die wahre Seite der SED-Diktatur kennen – und diese war ganz und gar nicht mit seinen geliebten Theorien zu vereinbaren. Drauschkes Überzeugung wendete sich vom DDR-Staat ab. Er zitierte uns Marx: „das Kriterium der Wahrheit ist die Praxis“. Dadurch fiel es uns leichter, seine Beweggründe zu verstehen. Die Theorie ist eine schöne Vorstellung, doch kaum etwas wert, wenn sie nicht in der Praxis bestehen kann. So begann seine mitreißende Geschichte von Fluchtversuchen, Gefängnisaufenthalten und dem Versuch dem DDR-Regime zu entkommen.
Herr Drauschke erzählte uns emotional, aber gefasst, von seinen Erlebnissen. Immer wieder brachte er seine damaligen Gedanken und Gefühle mit ein, verlor aber auch nie den historischen Kontext aus dem Blick. Auch unsere aufkommenden Fragen waren gern gesehen und in seine spannenden Erzählungen mit eingebunden. Unsere Generation hat Glück, eine solche Geschichte persönlich von einem Zeitzeugen berichtet zu bekommen. Seine Erfahrungen konnten uns viel mitgeben. Wir haben die „DDR-Geschichte“ von einer anderen, ganz neuen Seite betrachten können. Jeder einzelne von uns hat etwas aus diesem Besuch mitnehmen können. Wir danken für diese packende Lebensgeschichte, die wir wohl nicht mehr vergessen werden.
Marcel Göddert, Tobias Walther und Elena Hahnel, SozVers 14-2