Ein Beitrag zur Geschichte des kaufmännischen Schulwesens in Bremen
(Jürgen Erich Meyer)
Nach einem Überblick über die Entwicklung der Bremer Handelsschule von 1802 bis 1905 wird in der anschließenden Zeittafel zur Geschichte der namensgleichen Nachfolgeschulen von 1902 bis 2003 eine Auswahl von schulentwicklungsrelevanten Ereignissen beschrieben. Dabei lehnt sich die chronologische Darstellung in ihrer Diktion eng an zeitgenössische Unterlagen an, die wegen des langen Zeitablaufs, zweier Weltkriege und politischer Umwälzungen nur unvollständig erhalten sind. Es wird deshalb um Verständnis dafür gebeten, dass auch der schulgeschichtliche Überblick in manchen Teilen unvollständig ist. Aus aktuellem Anlass, nämlich der Diskussion über Berufliche Schulen und regionale Kompetenzzentren in der Rechtsform von Stiftungen, werden am Beispiel der Handelsschule der Union, einer Stiftung der Bremischen Kaufmannschaft, auch die in den Jahren 1907 bis 1942 mit dieser Rechtsform verbundenen Verwaltungs- und Finanzierungsprobleme aufgeführt. Nach bremischem Brauch wird die Chronologie durch Namenslisten der Kollegien aus den Jahren 1914/15, 1938/39, 1965, 1989 und aus dem Jubiläumsjahr 2003 ergänzt. Allen Mitgliedern der engeren und weiteren Schulgemeinde, die Text- und Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Im Jahre 1811 treffen in Bremen, der damaligen Hauptstadt des Departements der Wesermündung im französischen Kaiserreich, zwei Kommissare aus Paris ein: Der Naturforscher Cuvier und der Pädagoge Noel stellen einen modernen Bildungsplan für die neue französische Provinz vor. Im gleichen Jahre wird der spätere Bürgermeister Johann Smidt, Professor der Philosophie am Gymnasium, Zweiter Scholarch in Bremen. Nach dem Ende der Franzosenzeit wird seit 1813 die Umgestaltung des Höheren Schulwesens für Knaben diskutiert. Treibende Kraft ist – so der Chronist der Hauptschule Robert Hippe – Senator Smidt, der die Schulreform 1816 einleitet, die 1817 zur Gründung der dreigliedrigen Hauptschule führt. Die gemeinsame Unterstufe der Hauptschule, die Vorschule, bereitet auf eine gelehrte und eine kaufmännische Oberstufe, die Gelehrtenschule und die Handelsschule, vor. Damit wird die seit 1802 bestehende Handelsschule, die – so der Bremer Historiker Herbert Schwarzwälder – mit ihrem Schwerpunkt auf den neueren Sprachen und Realien „vor allem die Bildungsgrundlage für den Kaufmannsberuf schaffen sollte“, Bestandteil des neuen höheren Schulwesens. Die Handelsschule sei charakteristisch für Johann Smidts Bemühungen, dem Nachwuchs für den Bremischen Handels- und Gewerbestand eine dem späteren Beruf angemessene „realistische“ Bildung zukommen zu lassen, berichtet auch Robert Hippe. Sie nimmt ihren Unterricht in der Sögestraße auf und zieht 1819 aus den Räumen des ehemaligen Katharinenklosterhofes in den umgebauten Eschenhof an der Domsheide um. Das Schulgeld beträgt etwa 36 Taler zuzüglich Lernmittel, die Zahl der Schüler ist anfangs unter 250.
Nach der Reform von 1857 unterrichtet die Handelsschule ihre elf- bis sechzehnjährigen Schüler in fünf Jahrgangsstufen von Quinta bis Prima. Immer stärker werden die Bestrebungen, die Handelsschule den preußischen Realschulen erster Ordnung mit neun Jahrgangsstufen und Pflichtunterricht in Latein gleichzusetzen. Dennoch erscheint noch im Jahre 1863 das Fach „Mathematik und Kaufmännisches Rechnen“ in der Stundentafel der „über Prima“ eingerichteten Klasse für Schüler, die nach der Konfirmation nicht sofort eine Lehrstelle antreten. Die Schule setzt sich auch dafür ein, diesen Schülern eine Abkürzung der Lehrzeit zu gewähren. 1875 erfolgt der Umzug in das neue Schulgebäude in der Dechanatstraße, 1877/78 die Umwandlung in eine Realschule erster Ordnung und 1883 die Umbenennung in „Handelsschule (Realgymnasium)“.
Bereits 1893 wird die Handelsschule im Rahmen wechselhafter Reformbestrebungen eine lateinlose Oberrealschule, die in der Dechanatstraße bleibt. Die Stundenpläne des alten Realgymnasiums und der neuen Oberrealschule laufen nebeneinander, bis 1902 das erste Oberrealschul-Abitur abgenommen wird. Im Schulprogramm wird betont, trotz ihres Namens sei die Handelsschule als Oberrealschule keine kaufmännische Fachschule. Sie stelle sich vielmehr die Aufgabe, ihren Schülern eine gründliche allgemeine Bildung unter Ausschluss des Lateinischen und des Griechischen zu geben, und zwar unter besonderer Betonung des Deutschen, der neueren fremden Sprachen, der Mathematik und der Naturwissenschaften.
Als 1905 die Hauptschule und damit auch Gymnasium und Handelsschule aufgelöst werden, entstehen sechs Nachfolgeschulen: die Oberrealschule mit den Osterklassen der ehemaligen Handelsschule in der Dechanatstraße, das Realgymnasium mit den Michaelisklassen der ehemaligen Handelsschule in der Kaiser-Friedrich-Straße, das Alte Gymnasium in der Dechanatstraße, das Neue Gymnasium in der Parkallee und zwei lateinlose Realschulen. Im Februar 1905 veröffentlichen die Bremer Nachrichten eine Stellungnahme zur Auflösung der Hauptschule von Richard A. Will unter der Überschrift: „Wo bleibt die Handelsschule? Ein Beitrag zur Frage der Reform des kaufmännischen Bildungsweges“. Darin fordert der Autor, bis 1903 Präsident der „UNION von 1801, Kaufmännischer Verein Bremen“, eine „wirkliche Handelsschule, eine Handelsrealschule“, die als Parallelabteilung an das zukünftige Reformrealgymnasium angegliedert werden und sich später als „Oberhandelsrealschule“ mit Obersekunda bis Oberprima entwickeln solle.
Der traditionsreiche Name „Handelsschule“ erscheint nicht mehr in der Liste der staatlichen Schulen. Wohl aber setzt schon im Herbst/Frühjahr 1902/03 der private Verein „UNION von 1801, Kaufmännischer Verein Bremen“, der bereits seit 1870 in seinen Lehrgängen u.a. Englisch, Französisch, Spanisch, Buchhaltung, Kaufmännisches Rechnen, Stenographie und Schönschreiben unterrichtet, die bremische Handelsschultradition mit der von ihm gegründeten privaten „Handelschule der UNION“ fort. Damit sei – so berichtet die Weser-Zeitung am 1. Oktober 1902 – „der lange gehegte Wunsch, auch in Bremen eine den Interessen des ganzen Kaufmannsstandes dienende wirkliche Handelsschule zu haben“, der Erfüllung nahe.
1902 Der Kaufmännische Verein UNION kann 1902 auf eine Reihe erfahrener nebenamtlicher Lehrkräfte zurückgriffen, die am 1. Oktober 1902 in der ersten Gründungsphase den Unterrichtsbetrieb des Kurssystems der neuen selbständigen Handelsschule mit 267 Schülern in der Balgebrückstraße 31 aufnehmen: für das Fach Französisch Prof. Dr. U. Cosack, für Englisch die Oberlehrer Dr. A. Beyer und G. Gärtner, für Spanisch Privatlehrer E. A. Schwartz, für Kaufmännisches Rechnen Seminarlehrer C. Schindler, für Buchführung Kaufmann Chr. Frese, für Schönschreiben Reallehrer D. Deicke und für Stenographie die Lehrer P. Wölck, A. Grünsch und F. Rasch. Die Mehrzahl ist bereits in den Unterrichtskursen des Kaufmännischen Vereins tätig, die seit 1870 anfänglich mit gutem Erfolg angeboten, nach Auffassung der Handelskammer zum Ende des Jahrhunderts aber nicht mehr in erforderlichem Umfange besucht werden. Die Handelskammer stellt auch eine Lehrkraft zur Verfügung: Handelskammer-Syndikus Dr. F. Tetens übernimmt den Unterricht in Handels- und Wechselrecht. Einziger hauptamtlich angestellter Lehrer ist der Schulleiter, Direktor Johs. Müller, der Englisch- und Französischunterricht erteilt. Dem Schulleiter wird bei Gehalt und Pension die Dienstzeit seit 1887 als „ordentlicher Lehrer“ an der Realschule Altstadt angerechnet. Er erhält ab 1. Oktober 1902 ein Jahresgehalt von 6500 Mark, ab 1907 von 7000 Mark und ab 1912 von 7500 Mark als Endgehalt.
Die Schulgründung wird durch eine Spende der Sparkasse Bremen in Höhe von 100 000 Goldmark ermöglicht, die für den Bau und die Einrichtung des Schulhauses verwendet wird. Weitere 160 000 Goldmark aus Spenden der bremischen Kaufmannschaft werden vom Kaufmännischen Verein als Darlehen zur Verfügung gestellt und dienen als Betriebsmittelfonds, aus dessen Zinsen das Gehalt des Direktors bezahlt werden muss.
1903 Am 1. April 1903 tritt nach Genehmigung durch die Handelskammer, die Senatskommission für das Unterrichtswesen und den Verwaltungsrat der Sparkasse die neue erweiterte Lehrverfassung der Handelsschule der UNION in Kraft, die in der zweiten Gründungsphase neben dem Kurssystem auch den Klassenunterricht vorsieht. In der Abteilung A wird den kaufmännischen Lehrlingen des Großhandels jetzt – neben ihrer Betriebslehre – auch ein schulischer „Klassenunterricht“ angeboten, und zwar entsprechend ihrer ortsüblichen Ausbildungsdauer ein dreijähriger Lehrgang „in den für den Kaufmann wichtigen Fächern des Schulunterrichts“. Die Schule soll „vor allen Dingen die Allgemeinbildung, wenn auch unter beständiger Berücksichtigung der Forderungen der kaufmännischen Praxis, erweitern“. Der Unterricht umfasst sechs Wochenstunden, die an drei Wochentagen in der Zeit von 7.00–8.45 Uhr stattfinden. In der Abteilung B werden die Unterrichtskurse des Kaufmännischen Vereins als „Wahlfreie Fächer" fortgeführt und auf die Zeiten von 7.00 bis 7.50, 7.55–8.45 und 15.00–15.50 Uhr verteilt.
Das nebenamtliche Lehrerkollegium wird durch Lehrer C. Grotjan (Deutsch und Rechnen), die Oberlehrer Dr. Fr. Hohrmann, Dr. L. Jordan, F. Sellert und Dr. W. von Staden (Englisch), Lehrer C. Nelle (Deutsch), Oberlehrer W. Probst (Geographie) sowie die Oberlehrer Dr. H. Soltmann und Dr. H. Vogel (Französisch) erweitert. Nach der Inbetriebnahme zwei weiterer Unterrichtsräume stehen jetzt zur Verfügung: 6 Klassen mit je 15 zweisitzigen Subsellien (d.h. Schulbänke), 3 Klassen mit je 12 zweisitzigen Subsellien, 2 Buchführungsklassen mit 15 Subsellien und 1 Schreibmaschinenklasse mit 10 Tischen und Maschinen. Im Winterhalbjahr 1903/04 werden in Abteilung A 2 Klassen unterrichtet und in Abteilung B 39 Kurse mit insgesamt 351 Schülern und 1985 Unterrichtsstunden erteilt.
1904-1907 Bis zum Schuljahr 1906/07 ist die Abteilung A auf 13 Klassen und die Abteilung B auf 49 Kurse mit insgesamt 596 Schülern angewachsen, die von 35 Lehrkräften unterrichtet werden. Der Kaufmännische Verein muss für seine Handelsschule erhebliche Jahreszuschüsse leisten, die vom Schuljahr 1903/04 von 5500 bis zum Schuljahr 1906/07 auf 13 000 Mark angestiegen sind und ihm finanzielle Probleme bereiten. Eine Verhandlungskommission aus Mitgliedern des Kaufmännischen Vereins und der Handelskammer beschließt am 18. Februar 1907, „der Schule juristische Persönlichkeit zu verschaffen und sie damit selbständig zu machen“. Der Kaufmännische Verein UNION solle das Darlehen von 160 000 Mark für die Schule hypothekarisch sicherstellen und einer zu errichtenden Stiftung einen jährlichen Zuschuss von 5000 Mark gewähren. „Auf diesen Beitrag und die Hypothekenzinsen sollten die Leistungen der UNION für die Zukunft beschränkt bleiben. Durch die Beteiligung der UNION an den Kosten der Schule, die Beibehaltung des Namens ‚Handelsschule der UNION‘ und dadurch, daß die UNION als Stifterin in Erscheinung treten sollte, sollte ihre traditionelle Verbindung mit der Schule gewahrt bleiben.“ Der Kaufmannskonvent und die Mitgliederversammlung des Kaufmännischen Vereins stimmen der Umwandlung in eine Stiftung zu, die am 16. August 1907 vom Senat genehmigt wird. Dem Verwaltungsrat, dem die Geschäftsführung der Stiftung obliegt, gehören je zwei Vertreter der Handelskammer und des Kaufmannskonvents, drei Vertreter des Kaufmännischen Vereins UNION sowie der Direktor der Handelsschule an, dem später zur besseren Kommunikation mit der Kaufmannschaft der Börsenzugang gewährt wird.
1909 Im Schuljahr 1908/09 werden am 6. April 569 Schüler eingeschult, die in 15 Klassen der Abteilung A (Unterstufe 7, Mittelstufe 5, Oberstufe 3) und in 51 Kursen der Abteilung B in den wahlfreien Fächern unterrichtet werden. Der Besuch der Handelsschule ist fakultativ: Lehrlinge mit Volksschulbildung werden dem Klassenunterricht zugeteilt, Lehrlinge mit Berechtigungsschein für den einjährig-freiwilligen Militärdienst und Kaufmannsgehilfen können am Unterricht in den wahlfreien Fächern teilnehmen, sind aber bis zum Abschluss des 18. Lebensjahres verpflichtet, mindestens zwei Fächer zu belegen. Rund ein Drittel aller Schüler hat den Berechtigungsschein, den sie auf Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschulen, siebenjährigen Realschulen oder durch „Prüfung vor der Kommission“ erworben haben. Die Altersspanne der Schüler reicht von 14 bis 30, das Durchschnittsalter ist 17 Jahre. Von den 525 Schülern des Großhandels sind zwei Prokuristen bzw. Handlungsbevollmächtigte, 119 Gehilfen, einer Volontär und 403 Lehrlinge. Aus dem Kleinhandel kommen 15 Schüler: zwei Gehilfen und 13 Lehrlinge, und als 29 „Sonstige“ sind 15 Schreiber, vier Boten, ein Lithograph, ein Zahnarzt und acht Stellungslose aufgeführt.
Den Lehrern werden „Veranstaltungen für die kaufmännische Fortbildung“ angeboten: Besichtigt werden die Brauerei C. H. Haake AG, die Jutespinnerei und Weberei Bremen, das Weinlager der Firma Reidemeister & Ulrichs, das Städtische Elektrizitätswerk und die Schleusenanlage bei Hastedt. Folgende Zeitschriften liegen im Lehrerzimmer aus: Deutsche Handelsschul-Lehrer-Zeitung, Die deutsche Fortbildungsschule, Die Welt des Kaufmanns, Zeitschrift für das gesamte kaufmännische Unterrichtswesen, Zeitschrift für das gesamte Fortbildungsschulwesen in Preußen, Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, Zeitschrift für Handelswissenschaft und Handelspraxis. Außerdem steht eine umfangreiche Lehrerbibliothek zur Verfügung, die laufend durch Neuerscheinungen aktueller Fachbücher ergänzt wird.
1910 Nach dem Ausbau des Klassenunterrichts der Abteilung A wird das Unterrichtsangebot der Abteilung B durch die neuen wahlfreien Kurse „Handelskunde und -korrespondenz“ und „Volkswirtschaftslehre“ ergänzt. Die Fachgebiete Handelskunde und -korrepondenz sind erforderlich, weil die „jungen Leute, die mit dem Berechtigungsschein von einer höheren Schule abgegangen sind und daher am Klassenunterricht nicht teilzunehmen brauchen, manchmal von den einfachsten Vorgängen im Geschäftsleben keine klare Vorstellung haben“. Mit dem Kurs in Volkswirtschaftslehre soll „auch dem jungen Kaufmanne die Gelegenheit gegeben werden ..., sich mit wirtschaftlichen Fragen zu befassen, die für die Entwicklung von Handel und Verkehr von größter Bedeutung sind“. Handelskunde und -korrespondenz werden halbjährlich, Volkswirtschaftslehre jährlich als Ganzjahreskurs angeboten. Den Volkswirtschaftslehre-Unterricht erteilt der Syndikus der Handelskammer, Dr. Karl Jordan.
Für die Abteilung A wird bei rechtzeitiger Anmeldung für die Unterstufe im Sommer 1910 den Prinzipalen (Lehrherren) zur Abstimmung der Schulbesuchszeiten mit den betrieblichen Erfordernissen die Wahl zwischen folgenden Stundenlagen gelassen:
Der Verwaltungsrat, der u.a. über Aufnahme und Entlassung einzelner Schüler, Einrichtung neuer Kurse, Haushaltsvoranschläge und -abrechnungen zu entscheiden hat, beschließt wegen zahlreicher Nachfragen: Junge Mädchen können für die wahlfreien Fächer der Abteilung B aufgenommen werden, wenn sie eine höhere Mädchenschule bis zum Abschluss besucht haben und bei Semesterbeginn noch Plätze frei sind. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kosten des Schulbetriebs nicht nur durch das Schulgeld, sondern auch durch Beiträge der UNION (Kaufmännischer Verein) und der Mitglieder der Bremer Börse in Form eines Schulzuschlags zur Börsensteuer gedeckt werden.
1911 Im dreijährigen Klassenunterricht der Abteilung A mit sechs Wochenstunden werden folgende Fächer unterrichtet: Deutsch (erstes Schuljahr), Handelskunde (zweites und drittes Schuljahr), Englisch (nur im ersten Jahr, später wahlfrei), bürgerliches und kaufmännisches Rechnen, Geographie und Buchführung (im zweiten und dritten Schuljahr). In der Abteilung B sind Wahlfächer mit je zwei Wochenstunden die Jahreskurse Englisch, Französisch, Spanisch, Handelsrecht, Volkswirtschaftslehre, Handelskunde und -korrespondenz, kaufmännisches Rechnen, Stenographie (Gabelsberger und Stolze-Schrey) und die Halbjahreskurse Buchführung, Schönschreiben und Maschinenschreiben. Der Direktor macht darauf aufmerksam, dass Schüler des Klassenunterrichts, deren Handschrift mangelhaft ist, zum Besuch des Schreibunterrichts angehalten werden können, ohne dass sie ein besonderes Schulgeld zu zahlen haben.
Der Vorsitzende des Verwaltungsrates, H. H. Graue, teilt mit: „Für die große Schülerzahl reichen die vorhandenen zwölf Klassenzimmer, selbst unter Hinzuziehung des Schreibmaschinenzimmers und des Direktorzimmers, die schon seit mehreren Semestern für kleinere Kurse benutzt werden, nicht mehr aus.“ Einziger Ausweg sei der Aufbau eines Stockwerks, wodurch sechs neue Klassenräume geschaffen werden könnten. Sein Spendenaufruf hat Erfolg: Die „Opferwilligkeit bewährter Gönner der Anstalt“ führt zu Überweisungen in Höhe von 35 000 Mark. Da die Gesamtkosten des Erweiterungsbaus 49 500 Mark betragen, muss eine Restschuld von 15 000 Mark hypothekarisch abgesichert bleiben. Die Schule verfügt jetzt über neun Klassenzimmer mit je 30 Plätzen, drei mit je 24 Plätzen, fünf mit je 18 Plätzen, ein Vortragszimmer mit 15 Plätzen, ein Schreibmaschinenzimmer mit neun Plätzen und zwei kleinere Zimmer mit je acht Plätzen. Damit können zu gleicher Zeit 472 Schüler im Schulhause Unterricht erhalten!
Der Verwaltungsrat befasst sich erneut mit den Zulassungsbedingungen für Mädchen: „Die Bestimmung, wonach junge Mädchen nur aufgenommen werden sollen, wenn sie eine höhere Mädchenschule bis zum Abschlusse besucht haben, wurde dahingehend geändert, daß junge Mädchen, die diesen Bildungsgrad nicht erreicht haben, zu den wahlfreien Fächern, soweit der Platz reicht, zugelassen werden, falls sie das 17. Lebensjahr vollendet haben und eine ausreichende Allgemeinbildung nachweisen können.“
1912 Am 11. April 1912 beginnt das Schuljahr 1912/13 mit 869 Schülern, die in Abteilung A in 22 Klassen und in Abteilung B in 63 Kursen unterrichtet werden. Inzwischen sind 43 Lehrer an der Schule tätig, davon neben dem Direktor Johs. Müller die Handelsschullehrer F. Stahn und D. Zinke hauptamtlich in Festanstellung. Der Verwaltungsrat beschließt die Berufung eines Lehrers mit Handelshochschul-Ausbildung für den 1. April 1913 und wählt unter ca. 75 Bewerbern den Diplom-Handelslehrer Karl Böttcher zum hauptamtlichen Lehrer. Böttcher, nach seiner Diplom-Prüfung Assistent im handelswissenschaftlichen Seminar von Professor Schmalenbach in Köln, verlegt bereits im Dezember 1912 seinen Wohnsitz nach Bremen, um bis zum Dienstantritt „in verschiedenen hiesigen Geschäften (Bank, Spedition, Tabak) praktisch zu arbeiten“. Außerdem hospitiert er von Anfang Januar bis Anfang März 1913 im Unterricht der Abteilungen A und B, „um vor seinem Eintritt in den Lehrkörper mit dem Unterrichtsbetrieb auf der Anstalt gründlich vertraut zu werden“.
Zur kaufmännischen Fortbildung der Lehrer werden Betriebsbesichtigungen in der Maschinenfabrik von Carl Francke, der Essigfabrik von E. & M. Bollmann und der Grohner Wandplattenfabrik durchgeführt und 25 Fachbücher für die Lehrerbibliothek beschafft.
1913 Auf Antrag des Direktors beschließt der Verwaltungsrat, „an den vaterländischen Gedenktagen (Kaisers Geburtstag und Sedantag) den Unterricht in Zukunft ausfallen zu lassen“. Da eine Schulfeier für sämtliche Schüler nicht veranstaltet werden könne, solle im Klassenunterricht auf die Bedeutung des Gedenktages im Voraus hingewiesen werden.
1914 In seinem am 15. Mai 1915 erstatteten 13. Jahresbericht der „Handelsschule der UNION zu Bremen“ über das Schuljahr 1914/15 schreibt Direktor Johs. Müller: „Der Ausbruch des Weltkrieges im August 1914 versetzte auch in der Handelsschule der UNION der stillen Friedensarbeit einen empfindlichen Schlag. Lehrer und Schüler genossen noch ihre Sommerferien, als das gewaltige Unwetter, das am politischen Himmel drohend schnell heraufgezogen war, sich blitzartig entlud und alle, die in der Ferne weilten, antrieb, so schnell wie möglich die Heimat zu erreichen. Dennoch war bei Ablauf der Sommerferien (16. August) an einen Wiederbeginn des Unterrichts noch nicht zu denken. Die Erregung, die alle Kreise der Bevölkerung, jung und alt, ergriffen hatte, das Stocken vieler Geschäfte auf der einen Seite und im Gegensatz dazu die fieberhafte Anspannung aller Arbeitskräfte in anderen Geschäftszweigen, überdies die Unklarheit über die Zahl der Einberufungen bei Lehrern und Schülern ließen es ratsam erscheinen, den Wiederbeginn des Unterrichts zunächst hinauszuschieben.“
Sofort bei Kriegsausbruch, so Müller, seien ihrer „Heerespflicht" gefolgt: Diplom-Handelslehrer K. Böttcher, die nebenamtlichen Lehrkräfte Oberlehrer Dr. C. Carstens, Dr. J. Funk, Wissenschaftlicher Assistent des Statistischen Amtes, Syndikus Dr. C. Gluud, Lehrer A. Hillemann, Professor Dr. L. Jordan und die Oberlehrer Dr. C. Scriba und Dr. F. Sellert. Im September seien einberufen worden: Oberlehrer Dr. H. Cornelius, Realgymnasiallehrer H. Dittmann, Oberlehrer H. Grünsch, Lehrer A. lntemann und Oberlehrer Dr. A. Probst. Aus dem Ausland kehren nach den Sommerferien nicht zurück: der Englischlehrer Douglas W. Williams und der Spanischlehrer Lic. J. Sendra. Als Ersatz für die aus Kriegsgründen abwesenden Lehrer werden für Herrn Böttcher hauptamtlich der Diplom-Handelslehrer Ludwig Busch (Handelshochschule Berlin) und nebenamtlich die Oberlehrer Dr. R. Harms, Dr. Franz Kettler, Dr. W. Müller und der Kaufmann G. Holzborn eingestellt.
Während die Schule im Sommerhalbjahr 1914 ab 20. April 857 Schüler in 24 Klassen und 59 Kursen aufweist, wird das Winterhalbjahr am 8. Oktober mit nur noch 620 Schülern in 19 Klassen und 39 Kursen eröffnet, von denen zwölf im Laufe des Semesters als Kriegsfreiwillige ausscheiden. Insgesamt sind „über 130 unserer Schüler ins Heer eingetreten …, und zwar bis auf wenige, die bereits ihrer Dienstpflicht genügt hatten, als Kriegsfreiwillige“. Für etwa 50 Schüler wird um vorzeitige Entlassung gebeten, weil die Eltern wegen der Kriegswirren das Schulgeld nicht aufbringen können. Daraufhin gewährt der Verwaltungsrat etwa 30 Schülern wegen ihrer guten Leistungen und ihres „löblichen Fleißes“ Schulgelderlass für das Winterhalbjahr. Der Unterrichtsbetrieb des Sommerhalbjahres kann erst am 27. August wieder aufgenommen werden, und zwar für eine Klasse der Abteilung A und alle Kurse der Abteilung B mit 225 Schülern, die das Ausbildungsziel bei normalem Ablauf zum Ende des Sommerhalbjahres erreicht hätten. Um den ausgefallenen Lehrstoff aufzuholen, werden die Herbst- und Weihnachtsferien verkürzt; außerdem erfolgt eine neue Stoffverteilung. Im Winterhalbjahr werden ab 19. April 1915 im Rahmen der Kriegsbeschädigten-Fürsorge in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Lazarette, Generalarzt Dr. Hoffmann, Unterrichtskurse in den Fächern Handelskunde und Schriftverkehr, Kaufmännisches Rechnen, Buchführung, Schönschreiben, Stenographie und Maschinenschreiben mit zwei Wochenstunden erteilt. In allen Kursen befinden sich auch Linkshänder, die im „Schönschreiben“ in linkshändiges Schreiben eingewiesen werden. Der Besuch der Kurse gilt als Militärdienst, die Lernmittel werden vom Roten Kreuz unentgeltlich zur Verfügung gestellt und der Unterricht von sechs Lehrern der Handelsschule ehrenamtlich erteilt. Zur Unterstützung der Arbeit des Zentral-Hilfsausschusses des Roten Kreuzes stellt die Handelsschule zwei Klassenräume zur Einrichtung von Strickstuben für arbeitslose Frauen und Mädchen zur Verfügung.
Entgegen der bisherigen Praxis fällt der Unterricht am Sedanstag nicht mehr aus, wohl aber am 27. Januar (Kaisers Geburtstag). Anlässlich des 100. Bismarck-Geburtstages bieten die Klassenlehrer in der letzten Stunde des Winterhalbjahres in sämtlichen Klassen der Abteilung A ein „Lebensbild Bismarcks“. Das große Bismarckbild im Treppenhaus der Schule wird dann mit einem Lorbeerkranz geschmückt. Siegesmeldungen werden nur dann in den Klassen und Kursen sofort bekannt gegeben, wenn das Glockengeläut des benachbarten Domes einen „bedeutenden Erfolg deutscher Waffen verkündet und damit eine begreifliche Ablenkung vom Unterricht bewirkt“. Ein Unterrichtsausfall aus solchem Anlass sei nicht gerechtfertigt, „da wir keinen vollen Tagesunterricht haben“ und „die Zahl der Wochenstunden für jedes Fach überdies sehr beschränkt ist“.
Der Verwaltungsrat beschließt im Zusammenhang mit den Beratungen zum Haushaltsvoranschlag zunächst für den Winter 1914/15, dass die Schüler-Arbeitshefte für Deutsch-Handelskunde, Kaufmännisches Rechnen und Fremdsprachen einschließlich der fremdsprachlichen Briefe zur Vermeidung missbräuchlicher Benutzung eingezogen werden sollen. Der Beschluss wird von der Handelskammer und der Senatskommission für das Unterrichtswesen genehmigt. Mit einem weiteren Beschluss wird eine Gebühr erhoben: „Für jedes Zeugnis, das erst nach Ablauf des nächstfolgenden Halbjahres erbeten wird, sowie für die wiederholte Ausfertigung eines Zeugnisses ist eine Gebühr von 25 Pf zu entrichten.“ Die Handelskammer stimmt einem Antrag des Verwaltungsrats zu, dem Direktor oder seinem Stellvertreter die Teilnahme an den Börsenversammlungen zu gestatten und ihm einen Börsenstand anzuweisen. Damit soll den Prinzipalen des Großhandels der Verkehr mit der Schule erleichtert werden. Seit März 1915 nehmen der Direktor oder sein Stellvertreter vorläufig jeden Mittwoch und Sonnabend an der Börsenversammlung teil.
In diesem Schuljahr müssen 17 Schüler die Schule wegen ihres Verhaltens verlassen: sieben wegen „mutwilliger“ Schulversäumnisse, vier wegen „unverbesserlicher Trägheit und Unwahrhaftigkeit“, drei wegen „Unredlichkeiten bei der Lehrfirma“, zwei wegen „Unbotmäßigkeit und Auflehnung gegen die Schulleitung“ und einer wegen „grober Ungebühr“. Abgesehen von diesen ernsten Fällen habe das Verhalten der Schüler keinen Anlass zu Klagen gegeben. Es werde allerdings verschiedentlich beobachtet, dass „besonders unter den jüngeren und jüngsten Schülern … das Zigarettenrauchen in auffallender Weise“ zunehme. Der Direktor, der „aus Gesundheitsrücksichten während des ganzen Schuljahres keinen Unterricht erteilen“ kann, ermahnt daher in jeder der 19 Klassen der Abteilung A in Gegenwart der Klassenlehrer die Schüler „unter Hinweis auf die heldenmütige Aufopferung der Väter und Brüder im Felde zu strenger Selbstzucht“ und warnt wegen der damit für den „jugendlichen Körper verknüpften Nachteile und Gefahren“ dringend vor dem Zigarettenrauchen.
Zum Schuljahresende gedenkt der Direktor ausführlich der im Kriege gefallenen Lehrer. „Von den ins Feld gerückten Mitarbeitern wurden uns in der Fülle der Kraft und in der Blüte der Jahre entrissen die Herren Dr. Carl Carstens, A. Hillemann und Dr. C. Scriba.“ Herr Dr. Carstens sei kurz nach Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz an der Spitze seiner Kompanie am 6. Oktober im Westen gefallen. Herr Hillemann sei nach Mitteilung des französischen Kriegsministeriums schwer verwundet in Gefangenschaft geraten und am 11. September im Lazarett in Angers verstorben und Herr Dr. Scriba in Flandern schwer verwundet worden und Anfang Dezember im Lazarett St. Joseph gestorben. „Von den 146 Schülern, die dem Rufe des Vaterlandes folgten, sind schon mehrere auf dem Felde der Ehre gefallen.“ Es sei schwierig, schon jetzt über alle eine sichere Auskunft zu erlangen, so dass verlässliche Nachrichten noch nicht vorlägen. Vermutlich sei erst nach Kriegsende die Veröffentlichung eines zusammenfassenden Berichts und einer Liste der „gefallenen jungen Helden“ möglich.
1915 Das Schuljahr 1915/16 beginnt im April mit 675 Schülern in 19 Klassen der Abteilung A und 36 Wahlkursen. Im Winterhalbjahr ab Oktober ist die Schülerzahl auf 582, die Zahl der Klassen auf 17 und der Kurse auf 35 reduziert. Wegen der Einberufung der älteren Schülerjahrgänge sinkt das Durchschnittsalter der Schüler auf 15, 8 (Sommer) und 16,2 (Winter) Jahre. Während des ersten Halbjahres treten 19, während des zweiten Halbjahres 17 Schüler in den Heeresdienst ein, so dass bis jetzt insgesamt 182 Handelsschüler im Kriegsdienst stehen. Zum Schuljahresende stehen zwölf einberufene Lehrkräfte der Schule nicht zur Verfügung.
Diplom-Handelslehrer Böttcher, der nach seiner schweren Verwundung nur noch garnisondienstfähig ist, wird auf Antrag der Handelskammer zur Wiederaufnahme seines Schuldienstes aus dem Heeresdienst entlassen.
Der im Rahmen der Kriegsbeschädigten-Fürsorge vorgesehene Unterricht für Lazarettkranke und Angehörige der Genesenden-Kompanien wird in diesem Schuljahr auf kriegsbeschädigte Rentenempfänger ausgedehnt, die bereits aus dem Heeresdienst entlassen sind, und umfasst 117 Teilnehmer aus verschiedenen Berufen. Der Unterricht wird weiterhin zu den Bedingungen des Vorjahres von zehn Lehrkräften der Handelsschule der UNION ehrenamtlich erteilt.
1916 Im Schuljahr 1916/17 werden Lehrer und Schüler in wachsender Zahl „zu den Fahnen einberufen“. 44 Schüler wechseln vom „Unterricht zum Waffendienst“, so dass jetzt insgesamt 226 Schüler kriegsbedingt dem Unterricht entzogen sind. Im Sommerhalbjahr werden 19 Klassen und 41 Wahlkurse mit 676 Schülern, im Winterhalbjahr 18 Klassen und 41 Wahlkurse mit 615 Schülern eingerichtet. Im Laufe des Schuljahres werden weitere elf Lehrer zum Wehrdienst eingezogen. „Herr Julius Bohlmann“, teilt der Direktor mit, „ist zu unserm aufrichtigen Bedauern dem blutigen Kriege zum Opfer gefallen. Er starb den Heldentod am 6. August v. J. bei Martin-Puiche.“ Die Einberufungen zum Ende des Schuljahres üben unmittelbar keinen Einfluss auf den Unterrichtsbetrieb mehr aus. Denn gemäß Verfügung des stellvertretenden Generalkommandos wird der Unterricht ab 17. Februar wegen des allgemeinen Kohlenmangels völlig eingestellt.
Mit Sondergenehmigung der Polizeidirektion als Verwaltungsbehörde kann den vier Oberklassen der Abteilung A in je vier Wochenstunden und den Schülern der Buchführung in Abteilung B in zwei Wochenstunden ab 24. Februar der Abschlussunterricht erteilt werden. Kälte und Brennstoffmangel veranlassen die Schulleitung jedoch, das Schuljahr am 16. März für abgeschlossen zu erklären. Nach Wiedereröffnung des Schulbetriebs am 16. April wird 144 Schülern angeboten, den ausgefallenen Unterricht in den Abendstunden von 19.30 bis 21.00 Uhr nachzuholen. 68 Schüler sind zur Teilnahme bereit und erhalten in der Zeit vom 16. April bis 18. Mai nach ihrer Wahl Oberstufenunterricht in Englisch, Französisch, Handelskunde, Kaufmännisches Rechnen und Kurzschrift sowie in Buchführung und Maschinenschreiben.
In den Mittel- und Unterklassen wird zum Ausgleich des Zeitverlustes auf einen Teil der Pfingst- und Sommerferien verzichtet. Die Pfingstferien werden von acht auf vier Tage und die Sommerferien von fünf Wochen auf 14 Tage reduziert. Dazu stellt der Direktor fest: „Wir wissen, daß eine solche Beschränkung der sommerlichen Erholungszeit für Lehrer und Schüler gleich lästig sein wird, daß auch die Eltern in vielen Fällen die lnnehaltung der gesetzlich festgelegten Ferien als wünschenswert ansehen werden. Da aber der von uns gewählte Ausweg das einzige Mittel ist, um unsere Schüler vor Nachteilen in ihrer Ausbildung zu bewahren, so sind wir überzeugt, daß alle Beteiligten mit Rücksicht auf den Ernst der Zeit auch dieses Opfer willig bringen werden.“
Im Rahmen der Kriegsbeschädigten-Fürsorge werden in diesem Schuljahr 73 Kriegsbeschädigte unterrichtet, und zwar in drei vollständigen Lehrgängen mit je sechs Fächern und je einem Sonderlehrgang für Linksschreiben und Maschinenschreiben. Die Teilnehmer sind nach ihrem bisherigen oder bereits neu ergriffenen Beruf Kaufleute (3), Kanzleibeamte (5), Lehrer (2), Schüler (4), Landwirte (2), Schriftsetzer (2), Musiker (3), Kellner (2), Heeresangehörige, sogenannte Kapitulanten (6), Bahn- und Schiffsbeamte (3), Gewerbetreibende und Sonstige (14). Die Zahl der erteilten Unterrichtsstunden beträgt in Handelskunde 87, Kaufmännisches Rechnen 82, Buchführung 88, Kurzschrift 52, Schönschreiben 122 und Maschinenschreiben 98, insgesamt 529. Der Unterricht wird ehrenamtlich von den hauptamtlichen Lehrern Böttcher, Busch, Stahn, Zinke und den nebenamtlichen Lehrern Braun, Langmaack, Magnus und Wölck erteilt.
Der Verwaltungsrat stimmt dem Antrag des Direktors zu, gemäß Vorschlag des Deutschen Verbandes für das Kaufmännische Bildungswesen besondere Lehrgänge für Kriegsteilnehmer einzurichten, die vor Ablauf ihrer Lehrzeit „ins Feld gerückt“ sind. Ferner wird beschlossen, die Lehrverfassung durch folgende Bestimmungen zu erweitern:
Die erste Bestimmung wird damit begründet, dass Schülerinnen „sich häufig auf den Unterricht in fremden Sprachen, Kurzschrift und Maschinenschreiben beschränkten, auf handelswissenschaftliche Belehrungen aber, die wir in erster Linie als erforderlich bezeichnen müssen, verzichteten“. Die zweite Bestimmung soll dazu dienen, die Sammlungen des Handelsmuseums, das Weltruf genießt, für den erdkundlichen Unterricht zu nutzen. Das sei wegen der Berufstätigkeit von Schülern und Lehrern nur am Sonntag vormittag möglich. Der Museumsdirektor, Prof. Dr. Schauinsland, habe sich bereit erklärt, das Museum für die Besucher der Handelsschule vor der öffentlichen Besuchszeit von 8.30 bis 10.00 Uhr zu öffnen.
1917/18 Das Schuljahr 1917/18 beginnt am 12. April im Sommerhalbjahr mit 642 Schülern in 17 Klassen und 41 Wahlkursen, das Winterhalbjahr mit 536 Schülern in 17 Klassen und 38 Wahlkursen. Zum Heeresdienst bzw. vaterländischen Hilfsdienst werden 63 Schüler einberufen, so dass jetzt insgesamt 289 Schüler der Handelsschule der UNION Wehrdienst leisten. Einberufungen von Lehrern finden nicht mehr statt, wohl aber werden die Herren Braun, Rauhlfs und Magnus beurlaubt und Herr Dr. Jordan entlassen und können ihren Unterricht wieder aufnehmen. Dagegen fällt Professor Dr. Friedrich Sellert, der bereits 1914 bei Kriegsausbruch als Oberleutnant der Reserve in das 75. Infanterie-Regiment Bremen eingetreten war, im September als Bataillonskommandeur in Flandern.
Die Kriegsbeschädigten-Fürsorge wird in der bisherigen Weise fortgeführt, und zwar für 22 Teilnehmer mit sechs ehrenamtlich tätigen Lehrkräften. Auf Anregung aus der Elternschaft wird mit Beginn des Winterhalbjahres 1917/18 für junge Mädchen ein Lehrgang in Volkswirtschaftslehre eingerichtet, in dem insbesondere wirtschaftliche Gegenwartsfragen behandelt werden. „Mit der Leitung des Lehrgangs wurde der im Dienste der Lebensmittelkommission stehende Nationalökonom Herr Herm. Wenhold betraut. Der Unterricht löst bei den Schülerinnen so lebhaftes Interesse aus, daß wir ihn im Herbst d. J. aufs Neue beginnen werden, falls sich eine genügende Anzahl von Teilnehmern meldet.“
Während des Schuljahres finden für Schüler des Klassenunterrichts der Abteilung A, die zum Besuch der Handelsabteilung des Städtischen Museums einmal im Halbjahr verpflichtet sind, 37 Führungen mit 951 Teilnehmern statt, die von sieben Lehrkräften geleitet werden. Seminarlehrer Bartling veranstaltet zusätzlich zwei Führungen für Mitglieder des Verwaltungsrates und des Kollegiums, so dass insgesamt 1031 Besucher der Handelsschule zu verzeichnen sind. „Wenn auch der Museumsbesuch, der stets auf einen Sonntag vormittag fällt, für die jungen Leute manche Unbequemlichkeit in sich schließt, so haben doch die Schüler ihre Verpflichtung … gewissenhaft und pünktlich erfüllt.“ In zwei Fällen habe der Verwaltungsrat die „Strafe der Ausweisung“ gegen Schüler verhängt, die dem Museum ohne triftigen Grund ferngeblieben seien. „Da diese Führungen unterrichtliche Veranstaltungen sind, die in der Schule gründlich vorbereitet und hinterher zu Wiederholungen, bisweilen auch zu schriftlichen Darstellungen verwertet werden, so kann es nicht dem Belieben der Schüler überlassen werden, ob sie daran teilnehmen wollen oder nicht.“
Der Verwaltungsrat erklärt sich grundsätzlich mit der kostenlosen Überlassung eines Klassenzimmers zur Förderung eines Vorbereitungsunterrichts zur Prüfung für den einjährig-freiwilligen Heeresdienst einverstanden. Die vom Direktor mit den beteiligten Lehrern ausgearbeitete Lehrverfassung sieht vor, dass der „Einjährigen-Unterricht, Handelsschule der UNION“, keine Abteilung der Schule, sondern eine selbständige Einrichtung ist, „durch die tüchtigen und strebsamen ehemaligen Volksschülern, zunächst Schülern der Handelsschule der UNION, Gelegenheit gegeben werden soll, sich für die Prüfung … gründlich vorzubereiten … Die mitwirkenden Lehrer beziehen … eine festgelegte Vergütung in der Höhe des Gehalts der nebenamtlichen Lehrer der Handelsschule der UNION, die aus den … Schulgeldern gedeckt wird. Die Aufsicht über den Unterricht wird ehrenamtlich durch den Direktor der Handelsschule der UNION ausgeübt. Die Geschäftsführung liegt in den Händen eines der Lehrer, der halbjährlich dem Direktor die Rechnung zur Prüfung vorzulegen hat. Ein etwaiger Überschuß, der sich jeweilig nach Ablauf eines zweijährigen Lehrganges ergeben sollte, wird zu gemeinnützigen Zwecken verwendet.“ Das Schulgeld beträgt 20 Mark monatlich, der „Unterricht wird an fünf Abenden der Woche in der Zeit von 8–8.50 und 8.55–9.45 erteilt. Im Winterhalbjahr darf auch der Sonntag-Vormittag zum Unterricht benutzt werden.“
Erneut gibt die schlechte Finanzlage der Schule Veranlassung, in Verhandlungen mit der Handelskammer als zuständiger Aufsichtsbehörde einzutreten. Dabei geht es darum, durch eine Sammlung das gegenwärtige Schulvermögen zu erhöhen, aber auch dafür zu sorgen, „daß bei der zu erwartenden Einführung des Fortbildungsschulzwangs für die Lehrlinge des Großhandels das Bestehen der Handelsschule der UNION in ihrer jetzigen Gestalt für absehbare Zeit sichergestellt ist“. H. H. Graue, der nach zehnjähriger Tätigkeit als Vorsitzender des Verwaltungsrats ausscheidet, begründet 1918 mit einer Spende von 10 000 Mark die „Hansastiftung“, deren Vermögensstand durch weitere Zuwendungen und ein Vermächtnis in kurzer Zeit auf 30 500 Mark ansteigt. Stiftungszweck ist, die Kosten der Museums-Führungen zu decken, die Mittel für Preisbücher für strebsame Schüler zu liefern und Freistellen für tüchtige und begabte Schüler zu finanzieren. Bereits 1917 überweist die Witwe des Lloyd-Direktors Joh. Friedr. Bremermann eine Summe von 50 000 Mark für die „Lloyddirektor Bremermann-Stiftung“. Frau Bremermann schenkt der Schule außerdem ein Ölgemälde, das ihren verstorbenen Mann in Lebensgröße am Schreibtisch sitzend darstellt. „Wir haben dieses wertvolle Kunstwerk zur Ausschmückung unseres Treppenhauses verwandt an einer Stelle, wo es allen Schülern bei jedem Schulbesuch vor die Augen tritt“, schreibt der Schulleiter. Auch diese Stiftung hat den Zweck, tüchtige, aber bedürftige junge Kaufleute in ihrer Ausbildung zu fördern, „insbesondere durch Zuwendung von freiem Unterricht und durch Überweisung von Lernmitteln“. Dem Schulleiter Johs. Müller gelingt es überdies, die bremische Kaufmannschaft mit Hilfe seiner Denkschrift von Anfang 1918 zu ansehnlichen Spenden in Höhe von 430 000 Mark zu bewegen (Grundstock für eine Johs. Müller-Stiftung).
1919-1926 Seit Mai 1918 „mußte die Berichterstattung wegen der unruhigen politischen, wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse unterbleiben“, heißt es im Mai 1926 in einem Bericht des neuen Direktors, Diplom-Handelslehrer Karl Böttcher. Jetzt habe – besonders nach der Währungsstabilisierung – eine verhältnismäßig ruhige Entwicklung eingesetzt, die es ratsam erscheinen lasse, „die Verbindung mit allen am kaufmännischen Bildungswesen beteiligten Kreisen … wieder aufzunehmen“. Er berichtet über den Schlaganfall, den sein Vorgänger vor Beginn der großen Sommerferien im Juli 1918 an seinem Schreibtisch in der Schule erlitten habe, so dass er als sein Vertreter Schulleitung und später Nachfolge übernommen habe. Er schildert, wie in den Revolutionsmonaten bei der Entsetzung Bremens durch die Division Gerstenberger am 4. Februar 1919 „das zentral gelegene Schulhaus arg mitgenommen (wurde): Acht Granaten neben vielen Gewehrschüssen hatten verschiedene Klassenzimmer mit Schulinventar stark beschädigt. 125 Fensterscheiben waren zertrümmert worden: Der Unterricht mußte vier Wochen lang vollständig eingestellt werden. Für die Wiederinstandsetzung wurden der Schule seitens des Staates 18 305 Mark überwiesen.“
Der Bericht enthält für 1919 außerdem die Einrichtung von Kriegsteilnehmer-Kursen, die Überlassung von fünf Klassenräumen für Militäranwärter-Unterricht an den Militärfiskus und die Verabschiedung des Direktors Johs. Müller nach 1½jähriger Beurlaubung. Schulpolitisch ist die Einrichtung der einjährigen Höheren Handelsschule für Schüler und Schülerinnen mit Obersekunda- bzw. Lyzeumsreife als erster kaufmännischer Vollzeitbildungsgang mit 32 Wochenstunden vertiefter theoretisch-fachlicher Ausbildung bedeutsam. 1920 wird Karl Böttcher zum Direktor gewählt und von der Behörde bestätigt, 1921 wird als weiterer Vollzeitbildungsgang die einjährige Handelsvorschule mit 30 Wochenstunden für Volksschulabsolventen eingerichtet.
Nach dem 1922 erlassenen Reichsberufsschulgesetz schlägt der Senat der Bürgerschaft zwei Möglichkeiten zur Entscheidung vor:
Die politischen Gremien entscheiden sich für den zweiten Vorschlag, und zwar mit der Maßgabe, dass die öffentliche Pflichtschule der Handelsschule der UNION angegliedert wird. Die Schuldeputation macht zur Auflage, dass die Mädchen, soweit zweckmäßig und durchführbar, gesondert zu unterrichten sind, eine angemessene Zahl von Lehrerinnen anzustellen ist und in den Verwaltungsrat der UNION zur Wahrung der Interessen der weiblichen Jugend eine Frau berufen wird. In einem gesonderten Vertrag zwischen der Behörde für die Fortbildungs- und Fachschulen und dem Verwaltungsrat der Handelsschule der UNION wird u.a. vereinbart, dass der Staat die Hälfte der künftigen Fehlbeträge der Schule deckt. Der Schulname lautet jetzt: „Handelsschule der UNION zu Bremen – Schule für den Großhandel“.
Die regelmäßigen Museumsvorträge und -führungen, die von 1914 bis 1921 an den Sonntagvormittagen stattfanden, werden in die Unterrichtszeit verlegt. Die Unterrichtsverlegung wird mit der zunehmenden Schülerzahl und sonstigen Schwierigkeiten begründet, die sich insbesondere für auswärtige Schüler ergeben.
Wegen der außerordentlich hohen Anmeldezahl zu Ostern 1923 bittet der Verwaltungsrat mit Unterstützung durch die Handelskammer den Staat um die Bereitstellung neuer Räume. Daraufhin wird die in der Nähe der Handelsschule der UNION liegende Martinischule zur Verfügung gestellt.
1924 haben die Höhere Handelsschule 85, die Handelsvorschule 300, die freiwillige Lehrlingsabteilung der UNION 1173, die Pflichtabteilung (seit 1922) 872 und die Abteilung „Wahlfreie Fächer“ (nicht mehr berufsschulpflichtig) 337 Schüler(innen). Es werden 980 Wochenstunden Unterricht erteilt, davon 648 in den Handelsfächern, 212 in den Sprachen Englisch, Spanisch und Französisch und 120 in den technischen Fächern.
1925 werden auf Anregung des Arbeitsamtes Kurse für erwerbslose kaufmännische Angestellte eingerichtet, und zwar in Buchführung, Kurzschrift und Maschinenschreiben. Außerdem finden Abendkurse für Versicherungswesen und englische Konversation statt.
Zum Schuljahresende 1925/26 gehören dem Lehrerkollegium 20 hauptamtliche Lehrkräfte an, darunter 13 Diplom-Handelslehrer, sechs Handelslehrer und ein Studienrat, außerdem sechs Angestellte mit Privatdienstvertrag, 19 nebenamtliche Lehrer für Sprachen, 13 nebenamtliche Lehrer für Handelsfächer und acht nebenamtliche Lehrer für Kurzschrift, Maschinenschreiben und Schönschreiben. Insgesamt sind 66 Lehrkräfte an der Schule tätig, davon sieben Frauen.
Seit 1925 hat der Verwaltungsrat gemäß Staatsvertrag vom 24. August 1924 14 Mitglieder: drei Vertreter der UNION (Kaufmännischer Verein), je zwei Vertreter der Handelskammer, des Kaufmanns-Konvents, der Regierung und der Bürgerschaft, einen Vertreter der Angestelltenkammer, eine Vertreterin der Frauen und der Direktor der Handelsschule der UNION. Den Vorsitz und den stellvertretenden Vorsitz führen die Vertreter der Handelskammer: Herr Gottfried Koch, i. Fa. Koch & Bergfeld, und Herr Louis Krages.
Der Schülerrückgang der Berufsschüler von 2382 im Jahre 1924 auf 1883 im Jahre 1926 ist auf die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zurückzuführen. Die in der Inflationszeit „in Überzahl neugegründeten Firmen (pflegten) in erster Linie ihre Lehrlinge bei der Pflichtabteilung anzumelden. Den stärksten Rückgang hat dabei die Mädchenabteilung zu verzeichnen.“ Dagegen hat die Schülerzahl der „wahlfreien Fächer“ den Stand der früheren Jahre weit übertroffen. Auch die Zahl der Berufsfachschüler ist rückläufig: Sie ist von 385 (1924) auf 242 (1926) zurückgegangen, weil insbesondere Mädchen vom Schulbesuch abgesehen haben.
Der Finanzbericht für die Jahre 1918–1926 stellt lapidar fest: „Durch die Inflation wurde die Schule hart getroffen.“ Von dem Schulvermögen – neben dem Schulgrundstück – in Form einer Hypothek von 160 000 Mark und Stiftungen von 430 000, 50 000 und 30 000 Mark in Wertpapieranlage „ist jetzt nur noch das vorhanden, was die gewöhnliche Aufwertung erbringt.“ Wie aus der Vermögensübersicht zum 31. März 1926 hervorgeht, handelt es sich dabei um ein Stiftungsvermögen von 40 000 Reichsmark und Erinnerungsposten von je einer Reichsmark für die Kaufmanns- und die Hansastiftung. Die Betriebskosten der Schule werden gegenwärtig zu 65 Prozent durch die Schulgeldeinnahmen gedeckt. Der Fehlbetrag wird zu gleichen Teilen vom Staat und der Handelskammer getragen.
1927–1939 Während die Schülerzahl im Winterhalbjahr 1925/26 noch 2459 beträgt, ist sie ein Jahr später um mehr als 400 gesunken. Weiterhin sind 26 hauptamtliche vollbeschäftigte Lehrkräfte beschäftigt, aber statt bisher 38 nur noch 26 nebenamtlich tätige. Bis 1929 steigt die Schülerzahl wieder auf den alten Stand, so dass die Zahl der vollbeschäftigten auf 30, die der nebenamtlich tätigen Lehrkräfte auf 31 ansteigt.
Wegen der sich beschleunigt verschlechternden Wirtschaftslage sinkt die Schülerzahl in den nächsten drei Jahren kontinuierlich: Der Tiefpunkt ist im Jahre 1933 erreicht, als im Sommer nur 1004 Schüler zu unterrichten sind. Dafür werden nur noch 19 vollbeschäftigte und sieben teilbeschäftigte Lehrer benötigt, so dass gegenüber dem Stand von 1929 elf vollbeschäftigte und 24 teilbeschäftigte Lehrkräfte freigesetzt sind.
Nahezu unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 ist eine Trendwende zu beobachten: Die Schülerzahl wächst bereits im Winterhalbjahr 1933/34 um 300, bis zum Sommerhalbjahr 1935 um weitere 400 und erreicht ihren Höchststand in der Vorkriegszeit im Sommerhalbjahr 1938 mit 3297. Der Anstieg ist in erster Linie auf die verstärkte Einstellung von Lehrlingen in der bremischen Wirtschaft zurückzuführen, deren Zahl sich in der Pflichtberufsschule im Vergleich zu 1926 (673) mehr als verdoppelt hat und 1938 1419 beträgt. Dementsprechend hat sich auch das Lehrerkollegium vergrößert. Ihm gehören im Sommerhalbjahr 1938 40 vollbeschäftigte Lehrkräfte an, deren wöchentliche Unterrichtsverpflichtung einschließlich Überstunden von 21 bis 34 variiert, wobei die durchschnittliche Unterrichtszeit 28 Wochenstunden beträgt. Außerdem sind 46 teilbeschäftigte nebenamtliche Lehrer beschäftigt, die maximal 17, mindestens zwei und im Durchschnitt fünf Unterrichtsstunden geben.
Am 7. Oktober 1932 berichten die Bremer Nachrichten, dass der Hauptbeamtenausschuss mit dem Bremer Senat über die Verfügung der Finanzkommission verhandele, die Zahlung der Dienstbezüge der Beamten und Angestellten hinauszuschieben. Die Gehälter sollen am 14. und 24. Oktober, am 4., 14. und 24. November, am 5., 14. und 24. Dezember 1932 usw. gezahlt werden. „Dadurch ist insbesondere erreicht, daß die Gehaltszahlung für den Monat Dezember vor Weihnachten erfolgt, womit der Beamtenschaft erheblich gedient sein dürfte.“
1932 richtet die Schule eine Klasse für beschäftigungslose Jugendliche ein, die eine Stelle im Handel suchen. Der Vorbereitungsunterricht wird in Deutsch, Handelskunde, Geographie und Kurzschrift erteilt. 1933 werden der Schule die bisher selbständige Pflichtschule für Beamte und Bürolehrlinge und die Verwaltungsbeamten-Oberschule mit fünf Klassen Bürolehrlinge und einer Klasse Verwaltungsbeamten angegliedert. Die Leitung der neuen Abteilung wird Handelsstudienrat Diplom-Handelslehrer Julius Lübbren übertragen. Die Büroschule hat als nebenamtliche Dozenten vier Bürovorsteher und einen Rechtsanwalt. Nebenamtliche Dozenten der Verwaltungsbeamten-Oberschule sind vier Rechtsanwälte und ein Staatsanwalt, seit 1936 je ein Studienrat, Rechtsanwalt, Amtmann, Amtsrat, Regierungsrat, Staatsanwalt und Richter. Neben Wirtschaftskunde und Buchführung werden Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Strafrecht, Staatsrecht und Bremische Geschichte unterrichtet. Außerdem werden der Berufsschule für den Großhandel zwei Klassen des Stenotypistinnen-Lehrgangs vom Frauenerwerbsverein zugewiesen. 1933 richtet die Schule zwölf Abendkurse in den Fächern Fremdsprachen, Kurzschrift, Maschinenschreiben, Volkswirtschaftslehre und Buchführung ein, die von 241 Teilnehmern besucht werden.
„Die Nationalsozialisten übernahmen damals ein bremisches Schul- und Bildungswesen“, so der zeitgenössische Chronist der bremischen Lehrerschaft Hinrich Wulff, „das im Laufe einer fast hundertjährigen fortschrittlichen Entwicklung äußerlich und innerlich einen Höhepunkt erreicht hatte, wie ihn nur wenige deutsche Länder in gleicher Weise aufweisen konnten … Höhere Schulen, Berufsschulen und Volksschulen und alle anderen waren erfüllt von gewissenhafter Arbeit, und die gesamte Lehrerschaft war trotz ‚Notverordnungen‘ und ,Gehaltskürzungen‘ von einem regen und erfreulichen Berufseifer durchdrungen. Allerdings überschattete die innenpolitische Entwicklung in Deutschland, die immer schlimmer werdende Radikalisierung und die stetig wachsende Reaktion, das pädagogische und schulpolitische Leben auch in der bremischen Lehrerschaft. Die meisten Lehrer zogen sich aus der pädagogischen Öffentlichkeit – dem Vereinsleben und der Fachpresse – zurück und verharrten in ängstlicher Wartestellung, nur sehr wenige bekannten sich offen zum Nationalsozialismus …“
Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Bremen am 6. März 1933 – ab 18. Juli ist für alle beamteten Lehrer der Hitlergruß verpflichtend – wird das Kollegium angewiesen, sich intensiv in das neue Fach „Deutsche Volkskunde“ einzuarbeiten, das an Stelle des bisherigen Geographie-Unterrichts treten soll. Wegen des umfangreichen Stoffes, der in den Vollzeitklassen drei Wochenstunden und im Teilzeitunterricht eine Wochenstunde erfordert, muss in einigen Klassen jeweils eine Buchführungs- bzw. Rechenstunde an das neue Fach abgetreten werden. Da ein Lehrplan noch nicht vorhanden ist, muss „ein Stoffplan für Deutsche Volkskunde in großen Umrissen entworfen“ werden. In der Lehrerkonferenz vom 13. September 1933, die unter Leitung von Direktor Böttcher mit sieben Kolleginnen und 15 Kollegen stattfindet, wird beschlossen, zum Rahmenthema „Der deutsche Raum“ den Stoff des bisherigen Geographieunterrichts zu bieten. Zum zweiten Rahmenthema „Der deutsche Mensch“ werden die Stichworte „Rasse, Stämme, Stände, Ständevertretung; Auslandsdeutschtum; Geschichtliche Betrachtungen wirtschaftlicher und politischer Art; Deutsche Kultur“ beschlossen.
Zur Einführung in den Unterricht werden drei Damen und vier Herren des Kollegiums verpflichtet, vor der Lehrerkonferenz Vorträge zu folgenden Themen zu halten: Der nordische Mensch, seine Vorzüge, seine Verbreitung – Der atlantische Mensch – Erbbiologie und Erbhygiene – Auslandsdeutschtum – Zunftwesen, Städtebau – Bilder aus Bremens Geschichte – Wie soll eine Feierstunde gehalten werden? Bereits im Mai und Juni 1933 seien – so der Bericht – in hierfür angesetzten Konferenzen aktuelle Themen erörtert worden: „Liberalismus und (soziale) Demokratie und ihr Einfluß auf das Schulwesen“ sowie „Der völkische Bildungsgedanke“ nach Referaten des Direktors, „Staatsbürgerliche Erziehung im 19. Jahrhundert“, „Religiöse Erziehung in der Berufsschule“ und „Der ständische Staat und die Berufsschule“ von einem Kollegiumsmitglied und zwei nicht der Schule angehörenden Referenten, u.a. einem Pastor. Weitere Vorträge vor dem Kollegium seien für November und Januar des kommenden Jahres vorgesehen. Anschließend stellt der Direktor fest: „Bis zur planmäßigen Einführung des neuen Faches soll es jedem überlassen sein, den Geographieunterricht bis Ostern 1934 anhand des entworfenen Planes zu erweitern.“
Ein weiterer Tagesordnungspunkt der Lehrerkonferenz lautet: „Körperliche Ertüchtigung unserer Schüler: Soll sich unsere Schule an der körperlichen Ertüchtigung unserer Schüler beteiligen bzw. sie übernehmen, oder wollen wir die körperliche Ausbildung den Verbänden überlassen?“ Dazu soll eine Rundfrage ergeben, wie viele Schüler „bereits durch Hitlerjugend und Wehrsportverbände erfaßt“ sind. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass Schüler mit mangelhaften Leistungen vor aller freiwillig übernommener Beschäftigung zuerst ihrer Pflicht der Schule gegenüber nachkommen müssen. Der Direktor appelliert an die Klassenlehrer, zu versuchen, „durch private Besprechungen gerade auf diese Schüler Einfluß zu gewinnen“. Hier wird deutlich, dass sich bereits 1933 die ersten Anzeichen bevorstehender Auseinandersetzungen zwischen der nationalsozialistischen Jugendorganisation und der Schule um die Vormachtstellung im Schulbereich abzeichnen.
Diplom-Handelslehrer Diplom-Kaufmann Arno Luria, langjähriger Handelsstudienrat an der Handelsschule der UNION, wird am 1. August 1933 mit Wirkung zum 31. Oktober pensioniert. Die Zwangspensionierung erfolgt auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums mit der Begründung, dass Luria „Nichtarier“ sei. Auf seinen Wunsch wird er bereits zum 21. August von der Handelsschule der UNION beurlaubt. Er zieht mit Ehefrau und Schwiegermutter nach Frankfurt am Main und gibt dort, wie er Karl Bohnemeier, dem stellvertretenden Schulleiter der Handelsschule der UNION, schreibt, „einige Privatstunden, die einigermaßen bezahlt werden, (hat) eine Hausverwaltung übernommen und … die Vertretung der Allianz und Stuttgarter sowie der Agrippina und Züricher“. Karl Bohnemeier unterstützt ihn mit Rat und Tat und kann mit mutigem Einsatz seine Entlassung aus der Haft in einem Konzentrationslager erreichen. Es gelingt Arno Luria, nach Australien zu emigrieren; nach Kriegsende kehrt er nach Bremen zurück und unterrichtet wieder an seiner alten Schule.
Im Herbst 1935 schlägt der Schulleiter eine Änderung der Stiftungsurkunde der Handelsschule der UNION vor. Anlass ist, dass der finanziell notleidende Kaufmännische Verein UNION seinen Jahreszuschuss für die Schule von 5000 auf 2500 Reichsmark herabgesetzt hat, ihm Hypothekenzinsen und Zuschüsse gestundet und jetzt die Zuschüsse auf drei Jahre erlassen worden sind. Direktor Böttcher interpretiert diese Entwicklung so: „Die Entwicklung der Kriegs- und Nachkriegszeit hat der Handelsschule der UNION ein ganz verändertes Gepräge gegeben. Ihre frühere Aufgabe, die sich aus der Tradition ergab, war es, die Kurse des ‚Kaufmännischen Vereins‘ als selbständige Anstalt fortzusetzen. In den nachfolgenden Jahrzehnten ist die Handelsschule der UNION mehr und mehr zu einer öffentlichen Schule geworden. Das Schwergewicht hat sich von den Kursen nach der Seite der Fachschulen und der gesetzlich geregelten Lehrlingsabteilungen verlegt. infolge der vollkommenen Wandlung der inneren Struktur hat sich auch die Finanzierung grundsätzlich geändert, dergestalt, daß heute Handelskammer und Staat die Hauptfinanzträger sind, während … die UNION vollkommen zurückgetreten ist. Endlich hat die jüngste politische Entwicklung auch an die Stelle der kollektiven Schulverwaltung (Verwaltungsrat) das Führerprinzip gesetzt.“
1936 wird die bisher einjährige Handelsschule für Knaben mit Volksschulbildung in einen zweijährigen Vollzeitbildungsgang umgewandelt. 1938 legt das Reichsschulpflichtgesetz vom 6. Juli fest, dass mit Beendigung der Volksschulpflicht die Pflicht zum Besuch einer dreijährigen Berufsschule beginnt. Daher werden auch die bisher zweijährige Höhere Lehrlingsschule der Handelsschule der UNION und die staatliche Mädchenberufsschule auf drei Jahre erweitert. Zu gleicher Zeit wird für die Mädchen ein wöchentlich zweistündiger Haushaltsunterricht obligatorisch. Ein Jahr später wird auch die bisher einjährige Handelsschule für Mädchen zweijährig und die Handelsmittelschule aufgehoben.
Am 6. März 1937 richtet der Direktor der Handelsschule der UNION ein Schreiben an den Verwaltungsrat. Darin nimmt er zu dem Wunsch des Kaufmännischen Vereins UNION Stellung, von seiner Zuschusspflicht gegenüber der Schule mit „Rückwirkung“ vom 1. Oktober 1931 „für immer“ befreit zu werden, und rät davon ab, „bei der heutigen Vermögenslage der Schule irgendwelche Vermögensrechte Preis zu geben, die auf Kosten der Sicherheit unseres Lehrkörpers gehen“. Die Sicherheit der Schule sei gewährleistet, solange nicht Staat und Handelskammer sich der Zuschussleistung entziehen. „Wie aber wird es, wenn ein derartiger Fall einmal eintreten sollte?“ Die Handelskammer habe ein zweijähriges Kündigungsrecht; mit dem Staat gebe es keine besonderen Abmachungen. „Unsere Lehrer sind auf Lebenszeit angestellt, also unkündbar. Die Pensions- und Ruhegehaltsversorgung hat der Staat übernommen.“ Falls der Staat den Schülerstrom unterbinde und „uns keine Beschäftigungsmöglichkeit für unsere Lehrer gegeben wäre, müßten wir liquidieren“.
Wegen des hohen Schüleraufkommens reichen die bisherigen Schulgebäude Balgebrückstraße und Martinischule nicht mehr aus, so dass die Schulbehörde das alte Volksschulgebäude in der Großenstraße zur Verfügung stellt. Der jetzt auf drei Schulgebäude aufgeteilte Unterrichtsbetrieb verursacht insbesondere organisatorische Probleme. Die Handelsschule der UNION erwirbt daher 1938 den großen Gebäudekomplex des Kaufmännischen Vereins UNION, von dem auch bisher schon einige Räume genutzt werden. Der beabsichtigte großzügige Um- und Ausbau für Schulzwecke wird jedoch nicht genehmigt: Die erforderlichen Baumaterialien können nicht bereit gestellt werden. Die Handelsschule ist gezwungen, im Vereinsgebäude provisorische Klassenräume einzurichten. Die Schule hat 1939 3142 Schüler, 36 hauptamtliche und 79 nebenamtliche Lehrkräfte. Bis zu ihrer Verstaatlichung im Jahre 1942 gliedert sich die Schule in vier Abteilungen:
1939/40 Am 1. September 1939 beginnt mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen der Zweite Weltkrieg. Mit Kriegsbeginn fällt an der Handelsschule der UNION der Unterricht vollständig aus und kann erst am 2. Oktober teilweise wieder aufgenommen werden. Die Zeugnisausgabe erfolgt verspätet am 1. Dezember, und zwar nur für die Berufsfachschüler. „Die Lehrlingsabteilung hat keine Zeugnisse erhalten.“ Im Januar 1940 werden die Weihnachtsferien verlängert („Kohleferien“). Auch im Februar muss der Unterricht wegen des Kohlenmangels „abwechselnd“ ausfallen. Am 15. Mai 1940 findet der erste Luftangriff auf Bremen statt.
Der Zeitzeuge Hinrich Wulff berichtet über die „langsame Verelendung“ der bremischen Schule seit Kriegsbeginn: „Jetzt hieß es wieder, mit all den Unerträglichkeiten, wie Lehrerausfall, Unterrichtsausfall, und den mannigfachen Einschränkungen, wie sie die ältere Generation schon einmal durchstanden hatte, fertig zu werden, und es war doch eben erst zwanzig Jahre her … Der Krieg wurde immer schlimmer. Hart schlug er die Heimat. Müde Kinder, hungrig und abgespannt, saßen nach bösen Alarmnächten vor unlustigen Lehrkräften, die nun doppelt vorsichtig in ihren Äußerungen sein mußten. Das Notwendigste konnte im Unterricht kaum mehr erledigt werden. Der Bunker … wurde lebenswichtiger als die Schule. Die Zerstörungen durch die Bomben nahmen zu … Viele Eltern verließen mit ihren Kindern nach und nach die gefährdete und angegriffene Stadt. Bitter empfundene Lücken schlugen Front und Bomben in die Reihen der Lehrerschaft.“
Da die von der Handelsschule der UNION genutzte Martinischule mangels eines Luftschutzkellers für Schulzwecke geschlossen werden muss, werden im Vereinsgebäude – mit umfangreichem Luftschutzkeller – elf Räume für Schulzwecke hergerichtet, die für die staatliche Berufsschule für den Großhandel vorgesehen sind.
Der Vertreter der Landesschulbehörde, Abteilung Berufs- und Fachschulen, Direktor Müller, teilt dem Verwaltungsrat mit, „daß es sein Bestreben sei, die Handelsschule der UNION in die öffentliche Hand zu überführen“. Zwar habe die Unionsschule „wichtige Pionierarbeit erfüllt“, doch habe sich die „Zeitlage“ inzwischen verändert: Es sei zu beobachten, wie in den letzten 20 Jahren immer mehr das von den privaten Einrichtungen geschaffene Schulwesen vom Staat übernommen wurde. Der Verwaltungsrat-Vorsitzende bittet den Vertreter der Schulbehörde, eine nähere Darlegung seiner Pläne schriftlich zu übersenden.
1941 Das Schulgebäude in der Balgebrückstraße wird in der Nacht vom 3. zum 4. Januar 1941 durch einen Bombentreffer beschädigt. Die Beseitigung der Glasschäden erfolgt durch einen Glasertrupp aus Parchim, der in etwa zehn Tagen sämtliche Scheiben wieder einsetzt. Die übrigen Schäden (Tischler-, Maurer-, Dachdecker-, Klempner-, Dekorateur-, Malerarbeiten usw.) werden laufend beseitigt. Die Rechnungen werden vom Stadtamt bezahlt.
Direktor Böttcher berichtet dem Verwaltungsrat, dass seit Schuljahresbeginn 1941/42 vier hauptamtliche Lehrer und die Hälfte der nebenamtlichen Lehrer zum Heeresdienst eingezogen sind oder für die Kinderlandverschickung Verwendung finden, so dass 200 Unterrichtsstunden ausfallen. Bisher sei es der Schulleitung nur gelungen, für die neun vorhandenen freien Stellen drei Bewerber zu finden, die aber während des Krieges von ihren jetzigen Schulverwaltungen nicht freigegeben werden. Dennoch soll die feste Anstellung beantragt werden, und zwar für den Dienstantritt zum nächstmöglichen Termin.
Direktor Böttcher weist im Verwaltungsrat außerdem darauf hin, dass die süddeutschen Länder sowie die Ostmark und Sachsen schon seit längerem Wirtschaftsoberschulen besitzen. Im Allgemeinen sei damit zu rechnen, dass die ostmärkischen Schulverhältnisse auf das ganze Reich übertragen würden. Weil gerade in Österreich die Wirtschaftsoberschulen – früher als Handelsakademien – besonders florierten, scheine es angebracht, rechtzeitig für Bremen die Ansprüche auf eine derartige Schule anzumelden. Der Vertreter der Landesschulbehörde, der diese Frage bereits in Berlin angeschnitten hat, erklärt sich damit einverstanden, die Einführungsvorbereitungen weiterzuführen. Allerdings plane der Reichserziehungsminister die Einführung der Wirtschaftsoberschule einheitlich für das ganze Reich. Der Verwaltungsrat stimmt der Einrichtung einer Wirtschaftsoberschule zu.
1942 Die Handelsschule der UNION wird zum 1. April 1942 verstaatlicht und bis zum Kriegsende 1945 als „Handels- und Höhere Handelsschule der Hansestadt Bremen“ mit der Zweijährigen Handelsschule, der Einjährigen Höheren Handelsschule und einem Kriegsversehrten-Lehrgang mit insgesamt 396 Schülern weitergeführt. Direktor Böttcher tritt in den Ruhestand; die kriegsbedingt nur kommissarisch zu besetzende Direktorenstelle erhält Diplom-Handelslehrer Dr. Robert Marggraff. Die bisher schon staatliche Berufsschulabteilung wird abgetrennt und gleichfalls kommissarisch von Diplom-Handelslehrer Julius Lübbren geleitet.
Bereits Mitte Januar 1942 erscheinen Oberschulrat Dr. Dehning und der 1. Rechnungsführer des Verwaltungsrats Heinr. W. Müller in der Handelsschule der UNION zu einer Besprechung mit den Lehrern. Es gelingt ihnen, deren Bedenken gegen eine Übernahme in den Staatsdienst zu zerstreuen. Lehrer und Angestellte erklären sich schriftlich bereit, unter Wahrung der im Anstellungsvertrag mit der UNION enthaltenen Rechte und Pflichten in den Staatsdienst überzutreten.
Zum 1. April 1942 werden die Schulgebäude der Handelsschule der UNION Balgebrückstraße 31, Wachtstraße 9/13 und Tiefer 24 an den Staat übereignet. Der Kaufpreis für Schulgebäude und Inventar beträgt 567 850 Reichsmark. Diese Summe dient der Rückzahlung der Grundschuld von 250 000 Reichsmark an die Industrie- und Handelskammer, zur Tilgung der Darlehensschuld von 100 000 Reichsmark an die UNION Kaufmännischer Verein und zur Bildung eines Kapitalfonds von 217 850 Reichsmark. Der Kapitalfonds wird als Vermögen der Stiftung weiter verwaltet. Die Kapitalerträge sollen für die Ausbildung des kaufmännischen Nachwuchses des Groß- und Außenhandels verwendet werden. Die Bremer Nachrichten vom 27. April 1942 berichten u.a.: „Mit dem 1. April ist nun auch die Handelsschule der UNION in staatliche Verwaltung überführt worden. Vor einiger Zeit bereits wurden die führenden Männer des Verwaltungsrats der Schule – M. Hassenkamp, Direktor K. N. Müller und Direktor Böttcher – vom Reg. Bürgermeister und SA-Obergruppenführer Böhmcker empfangen, der ihnen den Dank der Hansestadt Bremen … aussprach. Am gestrigen ersten Schultag nach der Übernahme versammelten sich das Lehrerkollegium und das Verwaltungspersonal, denen Oberschulrat Dr. Dehning zunächst die Grüße des Senators für das Bildungswesen, von Hoff, überbrachte … Oberschulrat Dr. Dehning sprach … den Wunsch aus, daß Lehrer und Lehrerinnen ebenso wie das Verwaltungspersonal sich unter der staatlichen Verwaltung wohlfühlen und wie bisher ihre ganzen Kräfte einsetzen möchten. Auch ihre Arbeit gelte dem einen Ziel, an dem wir alle mitwirken müßten, dem Sieg Deutschlands. Mit der Führerehrung wurde die kurze Feier geschlossen.“
Der spätere Schulleiter Diplom-Handelslehrer Konrad Schmidt, der mit insgesamt 25 Lehrkräften der verstaatlichten Handelsschule zugewiesen wird, berichtet später: „Die vom Verwaltungsrat der Handelsschule der UNION angestellt gewesenen Handelsstudienräte erhielten vom Senator eine Übernahmebescheinigung mit der sie völlig überraschenden Amtsbezeichnung ‚Berufsfachschuloberlehrer‘. Ihr Protest – unterstützt von einem von mir selbst in Berlin eingeholten Rechtsgutachten – hatte Erfolg, so daß sie weiterhin Handelsstudienräte blieben …“
Die erste „Beratung“ des Lehrerkollegiums der Schule findet am 6. Mai 1942 unter Vorsitz von Dr. Marggraff statt, der neben den üblichen Unterrichtsregularien auf die kriegsbedingte Notwendigkeit verweist, dass sich die Schüler „infolge der Papierknappheit … das Papier für den Schreibmaschinenunterricht selbst besorgen“ sollen. Auch sollen sie aufgefordert werden, „sich an dem freiwilligen Ferieneinsatz, der drei Wochen dauert, zu beteiligen. Es sollen die Namen der Jungen und Mädel aufgegeben werden, die aus irgendwelchen Gründen für den Einsatz nicht in Frage kommen.“ Die nächste „Beratung“ am 24. Juni befasst sich erneut mit dem Schüler-Ferieneinsatz, für den die Schule in Zusammenarbeit mit der Handelskammer Ferienarbeitsplätze vermittelt hat. Zur „Erledigung schulischer Sonderaufgaben … weit über den bisherigen Rahmen hinaus“ wird in den Sommerferien ein Ferieneinsatz für Lehrer durchgeführt. Schwache Schüler der Unterstufenklassen erhalten Unterricht in Deutsch, Rechnen und Kurzschrift. Laut Verfügung des Reichsstatthalters, so wird in der Dezember-Beratung mitgeteilt, ist der Unterricht bei Tagesalarm, auch Voralarm, zu unterbrechen und der Luftschutzraum aufzusuchen.
1943 Bereits in der Februar-Beratung 1943 wird diese Anordnung abgeändert: In Zukunft werde in den Handelsschulklassen „bei öffentlicher Luftwarnung der Unterricht durchgeführt bis u.U. Flakabwehr einsetzt.“ Weibliche Jugendliche dürfen erst nach Ableistung ihres Pflichtjahres in die Handelsschule aufgenommen werden, verfügt der Bildungssenator. Und: „In allen anderen Fällen muß bei der Aufnahme von Jungen und Mädchen vorher das Arbeitsamt gutachterlich gehört werden.“ Auch in den folgenden Beratungen stehen kriegsbedingte Themen im Vordergrund: u.a. eine Neuregelung des Unterrichtsbeginns nach Fliegeralarm, Sparmaßnahmen bei Licht und Heizung, die Verteilung der Nachtwachen und Luftschutzmaßnahmen bei Tagesangriffen. Im Sommer 1943 hat die „verschärfte Luftlage Bremens … es unmöglich gemacht, nach den Sommerferien planmäßig wieder zu beginnen“. Der Unterricht muss nach den verlängerten Sommerferien vorübergehend in die Lüderitzschule verlegt werden. Im Rahmen der ab August vorgesehenen Evakuierung bremischer Schulen nach Sachsen – die Rückkehr erfolgt erst ab Februar 1945 kurz vor Kriegsende – diskutiert das Kollegium die „Verschickung der Handelsschule“, sieht aber von einer Befürwortung ab. Die Unterrichtskürzungen führen zu einem erheblichen Leistungsrückgang. Dem soll dadurch begegnet werden, „daß der Unterricht nach den Herbstferien regelmäßig um 8.30 Uhr beginnt, ob Alarm war oder nicht“. Dr. Marggraff bittet die Lehrer darum, „ihr Augenmerk auch auf den körperlichen Zustand der Schüler und Schülerinnen zu richten, damit gegebenenfalls über die NSV (Nationalsozialistische Volksfürsorge) geholfen werden kann“.
1944 Am Jahresanfang kann die Schule ihr eigenes Gebäude wieder beziehen. Aus diesem Anlass „wird auf straffe Handhabung der Ordnung und Schulzucht hingewiesen, ferner über Angelegenheiten des Luftschutzes gesprochen, dabei werden die Rundschreiben betr. Verhalten nach Angriffen verlesen. Bei Alarm während der Schulzeit, ob Vorwarnung durch die Behörde erfolgt oder nicht, sind die eingetragenen Schüler sofort zu entlassen. Wer hierbleiben will oder muß, begibt sich in die Lüderitzschule, Eingang Gartenstr., mit den für den Tag eingeteilten Lehrern. Die auswärtigen Schüler erhalten Bescheinigungen, damit sie in den Bahnhofsbunker gelassen werden.“ Im März gedenkt das Kollegium des im Osten gefallenen Herrn Triemer. Das Kollegium erörtert u.a. „Alarm- und Wache-Angelegenheiten“ und die Nominierung von Oberstufenschülern für die Beihilfe der Stiftung UNION und diskutiert die „Anpassung der neu beschafften Lehrbücher an den Lehrplan“. In der letzten vor Kriegsende dokumentierten Kollegiumsberatung am 28. Juni 1944 sind wegen des Fliegeralarms nur acht Damen und Herren anwesend. Behandelt werden Fragen der Jugendhilfe, des Ferieneinsatzes und Wachplans für die Sommerferien und die Planung des Unterrichts für die zur Flak eingezogenen Schüler (Luftwaffenhelfer) der Handelsschule.
Ab August 1944 müssen die 15- und 16-jährigen Handelsschüler und Lehrlinge die inzwischen 17-jährigen Schüler im Kampfeinsatz an den Flak-Batterien ersetzen, da diese die Altersgrenze für die Einberufung zum Reichsarbeitsdienst oder zur Wehrmacht erreicht haben. Zeitzeuge Hinrich Wulff berichtet:
„Die um Bremen herum lagernde Flakeinheit (die 8. Flakdivision) … hatte starke Mannschaftsbestände an die Front abgeben müssen, so daß … auf Schulkinder (vom 16. Lebensjahr ab) zurückgegriffen wurde … Dort haben unsere Jungen Dienst tun müssen am Geschütz, am Beobachtungsgerät und am Funkmeßgerät …, sei es in den Batterien und Großbatterien in Kuhsiel, Wummensiede, Scharmbeck-Stotel, Dunge, Habenhausen, Osterholz, Leeste-Hörden oder sonst wo. Damit standen sie unter Betreuungsoffizieren und -unteroffizieren im Kommißverband mit all seinen Schattenseiten für Jugendliche dieser Altersstufe … Und neben ihrem Tag- und Nachtdienst hatten sie täglich ihren Schulunterricht. Auf umständlichen und beschwerlichen Wegen kamen die Lehrer hinaus in die Batterien, um die Jungen zu unterrichten und für die Prüfungen vorzubereiten.“
1945 Im Sommerhalbjahr 1944 werden 300, im Winterhalbjahr 1944/45 nur noch 268 Schüler unterrichtet. Von den 20 Lehrkräften sind zehn zur Wehrmacht eingezogen. Laut Verfügung von Oberregierungsrat Müller gilt folgende Pflichtstundenregelung: für Lehrkräfte unter 50 Jahren 27 Wochenstunden (Frauen 25), für Lehrkräfte über 50 Jahre 25 Wochenstunden (Frauen 23). Nach dem Einmarsch britischer Truppen kapituliert am 27. April 1945 der Kampfkommandant von Bremen, General Fritz Becker. Bremen wird amerikanisches Besatzungsgebiet.
1946 Nach dem Kriege wird der Unterricht an den bremischen Volksschulen am 10. September und an den höheren Schulen am 1. Dezember 1945 wieder aufgenommen. Erst am 25. Februar 1946 beginnt der Unterricht der Handelsschule als Abteilung Handels- und Höhere Handelsschule der neu gegründeten Kaufmännischen Bildungsanstalten Bremen mit 231 Schüler(innen) und elf Lehrkräften. Der Zeitzeuge Konrad Schmidt berichtet später von „heute kaum noch vorstellbaren Mangelerscheinungen“. Die damals wertvollsten Lehrmittel, die Schreibmaschinen, seien der Schule nur dadurch erhalten geblieben, „daß sie mit Hilfe des Schwiegervaters des Hausmeisters Hespos mit Pferd und Wagen bei Nacht und Nebel nach Achim ausgelagert und erst zurückgeholt wurden, als sich die Beschlagnahmewelle der Militärregierung ausgelaufen hatte“. Unterrichtet wird in dem vom Kriege übrig gebliebenen Gebäudetorso des Schulstammhauses in der Balgebrückstraße, im Hause des Vereins Vorwärts in der Sandstraße, im Jugendheim Walle, in der Schule an der Kleinen Helle und in der Landwirtschaftsschule in der Parkallee.
Die erste Kollegiumsberatung nach Kriegsende findet am 31. Mai 1946 unter der Leitung des Abteilungsleiters Dr. Georg Feldmann statt. Als teilnehmende Lehrerinnen werden Frl. Figert, Frl. Dr. Behr, Frl. von Scheliha, Frl. Kirchhoff, Frl. Beck, Frl. Sündermann und Frl. Hohnholtz genannt, außerdem sind die Herren Schmidt, Klein, Heyer, Behrens und lhlert anwesend. „Herr Dr. Feldmann“, so wird berichtet, „gedachte des Kollegen Alwin Triemer. In dem Nachruf, den er dem Gefallenen widmete, sagte er, daß der Kollege Triemer sein Leben für eine Idee habe hingeben müssen, die er innerlich immer abgelehnt habe. Das Kollegium ehrte den Gefallenen, der ein vorbildlicher Lehrer war, durch Erheben von den Plätzen.“ Kollege Hermann Meyer sei immer noch in französischer Kriegsgefangenschaft in der Champagne, und zwar „unter den traurigsten Verhältnissen“. Das Kollegium sei auch deshalb noch nicht vollständig versammelt, weil verschiedene Kollegen ihr Berufungsverfahren beenden müssten, ehe sie an die Schule zurückkehren könnten. „Herr Dr. Feldmann sprach die Hoffnung aus, daß alle Kollegen, die nur nominelle Nazis gewesen seien, möglichst schnell entnazifiziert würden, da sie von der Schule für den Wiederaufbau dringend benötigt würden.“ Das Kollegium, so der Vorsitzende, müsse sich vor allen Dingen bemühen, den Forderungen der Militärregierung gerecht zu werden und die Jugend im demokratischen Sinne erziehen.
Weitere Themen sind die Beschaffung von geeigneten Schulbüchern, Heften und sonstigen Unterrichtsmaterialien. Es wird angeregt, Atlanten ohne politische Grenzen herzustellen, „da jetzt doch noch ständig Änderung der Grenzen zu erwarten sei“. Der Schulleiter referiert über die geplante Neugliederung des Handelsschulwesens: Nach dem Besuch der achtjährigen Volksschule sei wie bisher der Erwerb der Mittleren Reife nach der zweijährigen Handelsschule möglich. Eine in Zukunft zweijährige Höhere Handelsschule werde als „Handelsoberschule“ das Abitur vermitteln, das zum Studium der Wirtschaftswissenschaften berechtigen werde. Dr. Feldmann kündigt an, die Handelslehramtskandidaten in Arbeitsgemeinschaften zusammenzufassen, in denen allgemeine pädagogische Fragen erörtert würden. „Für das übrige Kollegium ist die Teilnahme an diesen Konferenzen freiwillig.“
Dem kommissarisch eingesetzten Schulleiter wird auch die Leitung der Berufsschule für den Großhandel (Unterrichtsbeginn am 1. März 1946), für den Einzelhandel (Unterrichtsbeginn am 11. März 1946) und für Bürolehrlinge übertragen. An der Handelsschule unterrichten elf Lehrkräfte und an der Großhandelsschule fünf Lehrkräfte sowie fünf Lehramtskandidaten und ein nebenamtlicher Lehrer. An der Einzelhandelsschule sind vier Lehrkräfte, zwei Lehramtskandidaten und zwei nebenamtliche Lehrer tätig. An der Handelsschule werden 231 Vollzeitschüler in der zweijährigen Handelsschule und der Einjährigen Höheren Handelsschule, an der Großhandels-Berufsschule 847 Teilzeitschüler in den Sparten Spedition, Export, Industrie, Banken, Großhandel, Reno, Verwaltung und Post und an der Einzelhandels-Berufsschule 711 Teilzeitschüler in den Sparten Nahrungsmittel, Textil, Drogisten, Eisen/Auto, gemischte Klassen (Schreibwaren, Glas, Leder usw.) unterrichtet.
1947 An der „Handelsschule der Stadt Bremen“ werden im Mai 1947 insgesamt elf Klassen mit 332 Schülern von 13 hauptamtlichen Lehrkräften und zwei Lehramtskandidaten beschult. Die hauptamtlichen Lehrer müssen einen Teil ihres Unterrichts in den Oberstufen der Berufsschule für den Großhandel geben. Die Lehrerpflichtstundenzahl der Handelslehrer beträgt bis zum 50. Lebensjahr 26 Wochenstunden, „darüber hinaus“ 25 Wochenstunden. „Weibliche Lehrkräfte geben zwei Stunden weniger.“ Drei „ältere Lehrer“ mit „altem Vertrag“ unterrichten 20 Wochenstunden. Die Technischen Lehrer bis zum 50. Lebensjahr haben ein Wochenstundensoli von 27, ältere 25 Unterrichtsstunden. Der kommissarische Schulleiter ist wegen seiner Belastung mit mehreren Schulleitungen von den Pflichtstunden befreit.
1948 Direktor Dr. Feldmann teilt dem Senator für Schulen und Erziehung im Januar 1948 mit, dass die Kaufmännischen Bildungsanstalten der Hansestadt Bremen durchschnittlich 13 Handelsschulklassen, 50 Klassen für den Großhandel und 40 Klassen für den Einzelhandel haben. Demgegenüber stehen zur Zeit nur elf Klassenräume in der Balgebrückstraße zur Verfügung, zwei in der Sandstraße (nicht beheizbar), drei in der Delmestraße, vier in der Schleswiger Straße (vormittags und nachmittags) und sieben am Barkhof (nur nachmittags). Demnach, so der Schulleiter, fehlen mindestens vier Räume, wünschenswert sind aber sechs Räume, da mehr Vormittagsunterricht erforderlich ist.
1954–1960 1954 wird das Berufsbildungszentrum (BBZ) eingeweiht, dessen Baukosten zur Hälfte amerikanische Stellen tragen, und zwar durch eine Zwei-Millionen-DM-Spende des McCloy-Fonds. Im neuen BBZ, das als modernste Einrichtung seiner Art in Europa gilt, erhält die Abteilung Handels- und Höhere Handelsschule, die weiterhin im alten Schulgebäude Balgebrückstraße untergebracht ist, „wenigstens schon das Übungskontor und zwei Klassenräume“, wie Konrad Schmidt berichtet. Das Schulgebäude Balgebrückstraße wird auch 1957 noch von einem Teil der Klassen der Zweijährigen Handelsschule und der (einjährigen) Höheren Handelsschule sowie Berufsschulklassen (Rechtsanwalts- und Notariatslehrlinge) vor- und nachmittags und in den Abendstunden von der Volkshochschule benutzt.
Der Direktor der Kaufmännischen Bildungsanstalten Bremen stellt in seinem Schreiben vom 8. März 1957 an den Bildungssenator fest: „Die vorhandenen 405 Schülerplätze sind für die Schule nicht ausreichend. Da kein Schulhof vorhanden ist, bleibt den Schülern für die Pause nur die verkehrsreiche Balgebrückstraße. Hierin liegt eine ständige Gefahr. Die Lehrer führen zwar ständig die Aufsicht auf der Straße, können dabei aber die Verantwortung für die Schüler nicht tragen.“
Er weist ferner auf die trotz des starken Verkehrslärmes fehlenden Doppelfenster, den undichten Hausgiebel zur Tiefer, die völlig veraltete Dampfheizung, nicht ausreichende Toilettenräume, den fehlenden Kranken- und Kartenraum, den zu kleinen Schreibmaschinenraum, unzulängliche Wandtafeln und fehlende Klassenschränke hin. Da das Hochbauamt im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Weserbrücke offensichtlich eine Höherlegung der Balgebrückstraße und eine Aufstockung des Schulgebäudes plant, wendet sich der Bremer Landesverband des Verbandes Deutscher Diplom-Handelslehrer am 31. Mai 1957 an Oberschulrat Wilhelm Berger: Die weitere Benutzung des Gebäudes als Schule sei aus nahezu allen schulischen und gesundheitlichen Gründen nicht mehr tragbar, und besondere Aufwendungen für Veränderungen des Restschulgebäudes seien nicht zweckmäßig. Wegen der ständigen Ausweitung der Kaufmännischen Berufs- und Fachschulen sei die Schaffung neuen Schulraumes für die Handels- und Höhere Handelsschule sowie weiterer Berufsschulklassen erforderlich. Erst 1959 wird das Schulgebäude Balgebrückstraße aufgegeben, und die Handels- und Höhere Handelsschule siedelt mit der Verwaltung und dem größeren Teil der Klassen vorübergehend in das Gymnasium in der Dechanatstraße über, wo sie sich einen Gebäudeteil mit der Wirtschaftsoberschule teilt.
Im gleichen Jahr wird mit dem ersten Bauabschnitt eines Neubaus auf dem Ruinengrundstück an der Hauffstraße im Stadtteil Walle begonnen. Am 15. Dezember 1960 erfolgt der Einzug in das eigene Schulgebäude der Handels- und Höheren Handelsschule. Hier stehen für die 679 Schüler(innen) 17 Klassenräume und zwei Fachräume für Maschinenschreiben zur Verfügung. Ein weiterer Klassenraum dient vorübergehend dem Hausmeister Heinrich Hespos und seiner Frau als Wohnung. Bei der Einweihungsfeier nennt Oberbaudirektor Dr.-lng. Rosenberg den vom Architekten Oberbaurat Dipl.-Ing. Almstadt geplanten Klassentrakt neben dem Hochhaus an der Hansestraße und der Katholischen Kirche das dritte „kunstvolle“ Gebäude in dem so überaus durchschnittlichen Bauniveau des wieder aufgebauten Stadtteils. Der Leiter der Kaufmännischen Bildungsanstalten Bremen Dr. Siemsen und Direktor-Stellvertreter und Abteilungsleiter Konrad Schmidt bringen mit der Schulsprecherin Vera Müller die gemeinsame Freude an der neuen Schule zum Ausdruck. Die 20-jährige Schulsprecherin bedankt sich für die neue Schule als das „langersehnte Weihnachtsgeschenk“ und fügt hinzu: „Wir verpflichten uns, recht schonsam und fürsorglich damit umzugehen.“ Für die Handelskammer überreicht Präsidiumsmitglied Kulenkampff ein Vervielfältigungsgerät: „Die Handelskammer hat stets die Entwicklung der Handelsschulen und der Höheren Handelsschule mit größtem Interesse verfolgt und nach bestem Können gefördert.“ Der für den Schulbau zuständige Oberschulrat Berger weist darauf hin, dass sich in der neuen Schule „die funktionelle Gestaltung des Schulhauses und die Entwicklung der Innen- und Außenarchitektur des Schulbaues in Bremen harmonisch vereinigen“. Abschließend erklärt Bildungssenator Dehnkamp, der Kontakt der Hansestadt zu den Entwicklungsländern müsse durch menschliche Beziehungen untermauert werden. Die Handelsschüler sollten daher besonders ihr Interesse der Gemeinschaftskunde widmen, damit sie den Vertretern der jungen Völker ausreichend Auskunft über unser Gemeinwesen geben könnten.
1961 Ab 1961 gilt eine mit der Senatskommission für das Personalwesen getroffene Vereinbarung, nach der die von der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen abgenommenen Zusatzprüfungen in Kurzschrift und Maschinenschreiben als Behördenprüfung anerkannt werden.
Die bereits einige Jahre diskutierte Teilung der Kaufmännischen Bildungsanstalten Bremen wird 1961 vollzogen. Schon 1959 berichtet die Bremer Bürgerzeitung am 4. April unter der Überschrift: „Ein Direktor und 10 000 Schüler“: „In den nächsten Tagen werden reichlich 10 000 junge Menschen in den Kaufmännischen Bildungsanstalten ihr neues Schuljahr beginnen. Über 400 Klassen hat diese Mammutanstalt und mehr als 200 Lehrkräfte.“ Allerdings sei bereits seit 1955 der Versuch im Gange, die Zentralisierung rückgängig zu machen. Oberschulrat Dr. Teuteberg habe im Einvernehmen mit Bildungssenator Dehnkamp folgendes Aufteilungskonzept vorgeschlagen: Handels- und Höhere Handelsschule (Vollschule mit 750–800 Schülern in etwa 22 Klassen) – Berufsschule für Einzelhandel (4000 Schüler) – Berufsschule für Groß- und Außenhandel (3000 Schüler) – Kaufmännische Berufsschule für Kreditwesen und Versicherung (2800 Schüler). Diese Konzeption habe die Billigung der zuständigen Deputation gefunden und bereits 1957 in der parlamentarischen Diskussion gestanden. Inzwischen – so wird in dem Zeitungsartikel von 1959 weiter berichtet – habe Direktor Dr. Feldmann eine Nervenklinik aufsuchen müssen und sei in Pension gegangen. Und sein Nachfolger, Direktor Dr. Siemsen, habe resigniert geäußert, eine ideale Erfüllung seiner Aufgaben sei „undenkbar“. Doch erst am 1. April 1961 werden die Kaufmännischen Bildungsanstalten Bremen in vier selbständige Schulen aufgeteilt. Die jetzt selbständige Schule „Handels- und Höhere Handelsschule Bremen“ hat 658 Schüler(innen), davon 356 in der Zweijährigen Handelsschule und 302 in der Einjährigen Höheren Handelsschule.
1962 Auch offiziell habe das „stolze Schiff“ Handels- und Höhere Handelsschule Bremen jetzt seinen „Kapitän“, schreiben die Bremer Nachrichten bzw. der Weser-Kurier am 24. Januar 1962. „Gestern fand im Schulgebäude an der Hauffstraße die Amtseinführung des einstigen Direktor Stellvertreters und neuen Direktors Konrad Schmidt statt, die Oberschulrat Dr. Wilhelm Teuteberg … vornahm.“ Nach der Begrüßung durch Handelsstudienrat Hans Joneweit „zeichnete der Oberschulrat ein Bild der heutigen Situation dieser Berufsfachschule. Es sei ihre Aufgabe, über die theoretischen und praktischen Kenntnisse des kaufmännischen oder wirtschaftlichen Berufes hinaus jene Erkenntnisse zu vermitteln, die dem jungen Menschen helfen, im komplizierten Gefüge der modernen Gesellschaft ihren Platz zu finden.“ Der Direktor habe in seiner Antwort darauf hingewiesen, „daß die wachsende Schülerzahl Raum benötige: Die Schule hoffe sehr, daß die geplanten Bauten bald ausgeführt würden. Man vermisse noch Einrichtungen für den bürokundlichen Unterricht, für Leibesübungen und Chorsingen. An der Raumfrage scheitere auch die Einführung einer Zweijährigen Höheren Handelsschule, die als nächstes Ziel angesehen werden müsse.“ Die Glückwünsche des Kollegiums habe Handelsstudienrat Heinrich Legenhausen übermittelt und dabei auf das einstimmige Votum des Kollegiums für den neuen Schulleiter verwiesen.
1963 Die Bremer Nachrichten berichten am 1. Oktober 1963: Frau Mimi Heuer kann am 1. Oktober 1963 ihr 40-jähriges Jubiläum als Verwaltungsangestellte der Handels- und Höheren Handelsschule in Bremen begehen. Sie trat als Angestellte in die Verwaltung der Handelsschule UNION ein, die zu dieser Zeit von Direktor Böttcher geleitet wurde, unmittelbar, nachdem sie selbst sich als Schülerin dieser Schule hier die Grundkenntnisse für ihren Beruf angeeignet hatte. … Ihre Zuverlässigkeit bei der Erledigung aller Verwaltungsarbeiten und ihre Einsatzfreudigkeit haben ihr die Wertschätzung der Schulbehörde und verschiedener Schulleiter der Handels- und Höheren Handelsschule eingetragen. Durch ihre Hilfsbereitschaft und ihr freundliches Wesen hat sie sich aber auch die Sympathie der Kollegen und vieler Schülergenerationen dieser Schule erworben.
1965 Am 17. Mai 1965 erfolgt die „technische Übernahme“ des zweiten Bauabschnitts. Damit stehen jetzt insgesamt 27 Klassenräume, drei Fachräume für Maschinenschreiben und ein Übungskontor zur Verfügung. Jetzt kann mit Ausnahme der Leibeserziehung sämtlicher Unterricht in eigenen Räumen erteilt werden. Auch die Zweijährige Höhere Handelsschule kann jetzt eingerichtet werden, und zwar vorerst mit zwei Parallelklassen. Leibeserziehung muss bereits seit 1962 in den Nachmittagsstunden unterrichtet werden, und zwar durch nebenamtlich tätige Turn- und Sportlehrer in den Turnhallen der Schulen in der Helgoländer, Vegesacker und Nordstraße. Da nicht genügend Lehrer- und Hallenstunden zur Verfügung stehen, können nur sieben Klassen jeweils zwei Wochenstunden Unterricht erhalten.
Bis zum Schuljahr 1965/66 steigt die Schülerzahl in der Zweijährigen Handelsschule auf 592, fällt aber in der Einjährigen Höheren Handelsschule auf 122 zurück. Die neue Zweijährige Höhere Handelsschule nimmt dafür 54 Schüler(innen) auf, so dass die Gesamtschülerzahl auf 768 ansteigt. Die folgenden zwei „Kurzschuljahre“ bringen 1966/67 einen weiteren erheblichen Schülerzuwachs auf 991. Die Zweijährige Handelsschule mit 32 wöchentlichen Unterrichtsstunden weist 607, die Einjährige Höhere Handelsschule mit 34 Wochenstunden nur noch 73 und die Zweijährige Höhere Handelsschule mit 34 Wochenstunden bereits 311 Schüler(innen) auf.
1970 Mit dem Schuljahresbeginn 1970/71 beginnt ein Unterrichtsversuch mit leistungsdifferenzierendem Unterricht im Fach Englisch/Wirtschaftsenglisch. Beteiligt sind vier Parallelklassen der Zweijährigen Handelsschule, die nach einer Eingangsphase im Klassenverband in Leistungsgruppen unterrichtet werden. Ein entsprechender Unterrichtsversuch im Fach Mathematik soll vorbereitet werden.
1971 Unter dem Vorsitz von Bildungssenator Moritz Thape berät die Deputation für Berufs- und Fachschulen im Januar 1971 über die Neubauprojekte im beruflichen Schulwesen. Neben den Projekten Hochschule für Wirtschaft/Berufsschule für Großhandel, Außenhandel und Verkehr und Fachoberschule wird vom Vertreter des Personalrats Schulen Jürgen Erich Meyer in Anwesenheit von Oberschulrat Lübbert Wilts der bisher nicht realisierte dritte Bauabschnitt der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen in Erinnerung gebracht. Die Deputation stimmt der Objektplanung mit dem Ziel zu, mit dem Bau Anfang des Jahres 1972 zu beginnen. Der schulischen Arbeitsgruppe III. Bauabschnitt gehören die Kolleginnen Dierks, Müller und Segelke und die Kollegen Hecker, J. E. Meyer (Federführung), W. Meyer und de Riese an. Sie erstellt im Rahmen des Haushaltsvoranschlags von 6 Millionen DM in Verbindung mit dem Lehrerkollegium und der Schülerschaft, die Änderungs- und Ergänzungsvorschläge einbringen, in zwölf Arbeitssitzungen ein Raumprogramm. An den Sitzungen nehmen zeitweilig auch Oberschulrat Johannes Werner Hillmann als Vertreter der Bildungsplanung und Herr Lübkemann vom Hochbauamt teil.
In Ergänzung des leistungsdifferenzierenden Unterrichts werden ab Februar 1971 Wahlkurse angeboten, deren Kursgruppen sich größtenteils aus Schülerinnen und Schülern verschiedener Jahrgangsklassen und unterschiedlicher Vorbildung zusammensetzen. Der freiwillige Kursunterricht findet in den Lernbereichen Politik, Sport, Mathematik, Englisch, Englische Kurzschrift und – in Zusammenarbeit mit der Berufsschule für das Nahrungsgewerbe – Wirtschaftliches Arbeiten mit Lebensmitteln in insgesamt zwölf Lerngruppen statt und soll grundsätzliche Erfahrungen mit dem Kurssystem ermöglichen. Entsprechend dem Wunsch der Schülerschaft wird die Schule das Angebot an wahlfreien Kursen weiter ausbauen.
Ebenfalls auf Wunsch der Schülerschaft und einer Reihe von Eltern wird angestrebt, mit Beginn des Schuljahres 1972/73 in einem Unterrichtsversuch zu klären, ob Absolventen der Zweijährigen Handelsschule die bereits nachgewiesenen Qualifikationen angerechnet werden können, wenn sie anschließend die zweijährige Höhere Handelsschule besuchen.
Beabsichtigt ist, diese Schülergruppe in einer oder zwei Sonderklassen zusammenzufassen, um deren didaktischen und methodischen Anforderungen besser gerecht zu werden.
Am 16. Februar 1971 besichtigt eine Studiengruppe japanischer Pädagogen die Handels- und Höhere Handelsschule Bremen. Schulleiter Konrad Schmidt, sein Stellvertreter Hans Joneweit und Kollegiumsmitglied Jürgen Erich Meyer informieren über die schulischen Bildungsgänge, Oberschulrat Lübbert Wilts über das kaufmännische Schulwesen des Landes Bremen. Wie schon in den Vorjahren besucht auch der Leiter der Handelsschule in Greena/Dänemark, Direktor Gronborg, mit Lehrkräften und Schülern die Schuleinrichtungen und hospitieren gruppenweise in mehreren Klassen.
Der Schule werden drei weibliche und sieben männliche Universitätsabsolventen zur Referendarausbildung zugewiesen, die von Oberstudienrat Dettmann koordiniert wird. Außerdem betreut in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft Oberstudienrat Starcke drei zukünftige Wirtschaftslehrer aus Afghanistan während ihrer praktisch-pädagogischen Ausbildung an der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen, wo sie auch ihre Prüfungslehrproben in Klassen der Zweijährigen Handelsschule ablegen.
Zum Schuljahresende 1971/72 scheidet der stellvertretende Schulleiter, Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Hans Joneweit, aus dem aktiven Dienst aus. Zu seinem Nachfolger wählt das Kollegium Jürgen Erich Meyer, der nach zehnjähriger Tätigkeit. als Studienrat und Fachspartenleiter an einer Hamburger Handels- und Höheren Handelsschule seit 1965 an der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen unterrichtet.
1972 In diesem Jahr erfolgt die Einführung des Berufsgrundbildungsjahres Wirtschaft und Verwaltung, das als erstes Jahr der Berufsausbildung anerkannt wird. Außerdem wird das Versuchsmodell einer auf drei Schulhalbjahre verkürzten Sonderform der Zweijährigen Höheren Handelsschule für Absolventen der Zweijährigen Handelsschule eingerichtet. Die Schülerzahl ist jetzt auf 1016 Schüler(innen) angestiegen, die in 38 Klassenverbänden in 26 Klassenräumen im Schichtunterricht von 52 deutschen und zwei ausländischen Lehrkräften unterrichtet werden.
Am 2. Oktober 1972 begeht die Schule ihr 70. Jubiläum. Zugleich verabschiedet Oberschulrat Lübbert Wilts den bisherigen Schulleiter Oberstudiendirektor Diplom-Handelslehrer Konrad Schmidt und führt den neuen Schulleiter Oberstudiendirektor Diplom-Handelslehrer Diplom-Kaufmann Jürgen Erich Meyer in sein Amt ein. Der Weser Kurier berichtet am 4. Oktober 1972: „Der Vertreter des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst, Oberschulrat Diplom-Handelslehrer Lübbert Wilts, würdigte in seiner Festansprache die Aufwärtsentwicklung dieser Schule, die sich der Erprobung von Reformen nie entzogen habe. Die Gewißheit, in Oberstudiendirektor Jürgen Meyer einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben, der das Ziel dieser Schule, die Integration von beruflicher und allgemeiner Bildung, voller Ernst und Energie verfolge, könne Konrad Schmidt mit Stolz und Zuversicht erfüllen und ihm den Abschied leichter machen … Über den geplanten dritten Bauabschnitt der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen (voraussichtlicher Baubeginn im November dieses Jahres) sprach der Vertreter des Ausschusses für Berufsbildung der Deputation für Bildung, Hermann Stichweh. Nachdem bereits jetzt … als zusätzlicher Zweig das Berufsgrundbildungsjahr im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung eingeführt worden sei, werde mit Fertigstellung des dritten Bauabschnitts ein Aufbauzug zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife folgen. Damit wäre ein weiterer, wichtiger Schritt zum eigentlichen Ziel getan, nämlich zur Gesamtschule mit dem Fachbereich Wirtschaft, meinte Hermann Stichweh.
Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Dettmann würdigte im Namen des Kollegiums die Verdienste des scheidenden Schulleiters … Er sei stets ein vorbildlicher Vorgesetzter gewesen, der das Wohl seiner Schule, der Schüler und des Kollegiums im Auge gehabt hätte. Aber auch für den Berufsstand habe Schmidt in leitender Funktion im Verband der Deutschen Diplomhandelslehrer viel getan.“ Der neue Schulleiter, der Schmidt bereits seit einem Jahr als Stellvertreter zur Seite gestanden habe, besitze das volle Vertrauen des Kollegiums, was sich letztlich auch in der einmütigen Wahl Meyers zum neuen Schulleiter dokumentiere, habe Dettmann betont. Die Nachfolge des neuen Schulleiters als Stellvertreter des Direktors tritt der bisherige Fachbereichsleiter für Betriebswirtschaftslehre Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Hansjochen Mertens an.
Bereits am 9. September 1972 versammeln sich Kollegiumsmitglieder, Verwaltungsangestellte und weitere der Schule verbundene Personen im Hotel Columbus zur Gründungsversammlung eines Schulvereins. Sie beschließen auf Antrag des Schulleiters, ihn „Verein der Freunde und Förderer der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen vormals Handelsschule der UNION e. V.“ zu nennen und legen in der Satzung als seine Aufgabe „die Förderung der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen in allen ihren Bereichen und Schulzweigen einschließlich ihrer Weiterentwicklung“ fest. Zu diesem Zweck, so heißt es weiter, kann der Verein die Schule in allen Fragen unterstützen, die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Schule pflegen, die Beziehung zwischen Schule und Schülereltern festigen, die Verbindung der ehemaligen Schüler zur Schule aufrecht erhalten, für die Förderung und Weiterentwicklung der Schule in der Öffentlichkeit wirken und eine breite Information anstreben sowie Beziehungen zu Partner und Korrespondenzschulen, auch im Ausland, aufnehmen und pflegen.
Den Gründungsvorstand bilden als Vorsitzender der Schulleiter Jürgen Erich Meyer, als stellvertretende Vorsitzende der ehemalige Schüler und Schulsprecher Fred Mester und die Verwaltungsangestellte Magda Stallmann, als Kassiererin die ehemalige Schülerin und Schulsprecherin und jetzige Studienrätin Diplom-Handelslehrerin Vera Müller und als Schriftführerin die seit 1923 an der Handelsschule der UNION und den Nachfolgeschulen amtierende, jetzt pensionierte Verwaltungsangestellte Mimi Heuer. Zu Ehrenmitgliedern werden berufen Senator a.D. Hermann Mester, Mitglied des ersten Bremer Nachkriegssenats, Oberschulrat a.D. Dr. Wilhelm Teuteberg, Direktor a.D. Dr. Georg Feldmann und Oberstudiendirektor a.D. Diplom-Handelslehrer Konrad Schmidt.
1973 Am 7. Mai 1973 berichtet der Weser-Kurier unter der Überschrift „Mit der Sekundarstufe II wird jetzt Ernst gemacht“: „Fragen der Integration von allgemeiner und berufsbezogener Bildung in der zukünftiger Sekundarstufe II standen im Mittelpunkt einer von der Bremer SPD-Bürgerschaftsfraktion veranstalteten Tagung im Deutschen Haus.“ Die Fraktion habe unter der Federführung des Abgeordneten Hermann Stichweh eine Stellungnahme zum Schulentwicklungsplan des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst erarbeitet. Danach seien fünf Planungsgruppen mit Lehrern der Gymnasien und der berufsbildenden Schulen – meist unter Federführung eines Berufsschullehrers – für fünf Integrationsobjekte vorgesehen: Bremen-Nord: Bördestraße, Grambke: Alwin-Lonke-Straße, Utbremen: Meta-Sattler-Straße, Osterholz: Holter Feld und Walle: Hauffstraße. Am Schulstandort Hauffstraße – so der Bericht – „sollen die Handels- und Höhere Handelsschule integriert und Bildungsgänge eingerichtet werden, die zu einer allgemeinen Hochschulreife führen“.
Aus einer Werbeschrift des Schulvereins geht hervor, dass die Schule vier Bildungsgänge anbietet: das Berufsgrundbildungsjahr Wirtschaft und Verwaltung, die Zweijährige Handelsschule, die Einjährige Höhere Handelsschule und die Zweijährige Höhere Handelsschule. Als fünfter Schulzweig werde ein Aufbauzug zur Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife geplant. Der Schulverein stellt außerdem als Ansprechpartner der Schule vor: den Schulleiter und seinen Stellvertreter, im Schulbüro die Verwaltungsangestellten Frau Brügmann und Frau Stallmann und in der Hausverwaltung den Hausmeister Herrn Wanek. Das Personaltableau weist als Abteilungsleiter Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Dettmann (Höhere Handelsschule sowie Lehr- und Lernmittel) und Studiendirektor Diplom-Handelslehrer W. Meyer (Handelsschule) aus, als Fachbereichsleiter Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Starcke (Wirtschaftslehre), Oberstudienrat Diplom-Handelslehrer Hegeler (Betriebsorganisation und Informatik), Oberstudienrätin Diplom-Handelslehrerin Strinz (Rechnungswesen und Mathematik), Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Struckhoff (Gesellschaftswissenschaften), Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Preuß (Fremdsprachen sowie Lehrerbücherei), Studiendirektor M. Fischer (Naturwissenschaften/Technologie) und Fachlehrerin Dierks (Textverarbeitung). Für die Audio-visuellen Lehr- und Lernmittel und Programmierte Prüfungen ist Oberstudienrat Diplom-Handelslehrer Hans-Otto de Riese zuständig.
Dem Schulbeirat gehören als Vertreter der Arbeitnehmer die Herren Dr. Prüser, Winter, Ley und Lueken an und als Vertreter der Arbeitgeber die Herren Babel, Fischer, Koch und Schwerdtfeger. Der Schülerring wird repräsentiert durch die Schulsprecher Andreas Kieck und Bernd Arnold. Zu Verbindungslehrern hat die Schülerschaft die Kollegiumsmitglieder Seiler und Perrin gewählt. Die Namen der Schulelternsprecher lauten Schubert und Stoll (Handelsschule) und Fritsch, Nayork und Weidemann (Höhere Handelsschule).
Auch die Mitglieder der drei schulischen Planungsgruppen sind aufgeführt: Neben der Arbeitsgruppe III. Bauabschnitt (Bauplanung und Schulausstattung) gibt es die für die Weiterentwicklung der schulischen Bildungsgänge eingerichtete Objektplanungsgruppe SII/ Hauffstraße, in der die Schule durch Hecker, Mertens und J. E. Meyer vertreten wird. Weitere Mitglieder sind Koepke (Studienseminar), Möhring (Gesamtschule) und Voigt (Gymnasium). Vertreter der Schule in der Curricularplanungsgruppe Hauffstraße sind Ennen, M. Fischer, W. Meyer und Teßmer, weitere Mitglieder sind Börgerding (Bremen-Nord) und Kipp (Einzelhandel). Vertreterinnen der Schule im Lehrplanausschuss für Kaufmännische Schulen sind Eickhoff und Ennen.
1974 Das Neubauvorhaben wird vollendet: Der dritte Bauabschnitt mit weiteren Klassenräumen, Fachräumen u.a. für Text- und Datenverarbeitung, Technologie und Physik, Übungskontoren sowie Verwaltungsräumen wird in Betrieb genommen. Der beantragte Bau einer Sporthalle auf dem Schulgelände kann erst aus bautechnischen, später aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden. Die Bremer Bürgerzeitung berichtet am 8. Februar 1974 anlässlich der Vollendung des Neubaus u.a.: „Nicht zu unterschätzen ist an diesem Projekt auch eine weitere Neuigkeit: Erstmals wurde die Planung von der Schul- und Baubehörde gemeinsam mit dem Lehrerkollegium vorgenommen, so daß tatsächlich auch alle Wünsche und Vorschläge in die Planung und Ausführung einbezogen werden konnten. Jetzt steht fest, daß dieser Versuch gelungen ist und daß man empfehlen kann, auch bei anderen Vorhaben dieser Art den eingeschlagenen Weg zu gehen …“ In den Gesamtkosten von 6,9 Millionen DM seien auch zwei große Gruppensäle enthalten, in denen computergerechter Unterricht erteilt werden könne.
Für die Zweijährige Höhere Handelsschule wird eine neue Stundentafel eingeführt, die in der Oberstufe eine dreifache Wahlmöglichkeit bietet: Im betriebswirtschaftlichen Zweig werden schwerpunktmäßig die Fächer Betriebsorganisation, Datenverarbeitung und Technologie unterrichtet, im sprachlichen Zweig die Fächer Französisch oder Spanisch und Fremdsprachliche Kurzschrift. Der gymnasiale Aufbauzug der Höheren Handelsschule führt im Anschluss an die Unterstufe in zwei weiteren Schuljahren zur Allgemeinen Hochschulreife und soll als integrierte Schulform u.a. den gymnasialen Aufbauzug Kleine Helle und das Wirtschaftsgymnasium ergänzen und entlasten.
1975 Die Objektplanungsgruppe für die Schulentwicklungsplanung der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen legt im März 1975 ihren Zwischenbericht vor, in dem es u.a. heißt: „Das Schulzentrum der Sekundarstufe II an der Hauffstraße wird entsprechend der Zielvorstellung des Schulentwicklungsplans für die Sekundarstufe II ausgebaut.“ Als bereits realisierte Planungsprojekte werden das Berufsgrundbildungsjahr (seit Schuljahresbeginn 1972 /73), der verkürzte Bildungsgang der Zweijährigen Höheren Handelsschule für Absolventen der Zweijährigen Handelsschule (seit Schuljahresbeginn 197 2/73), die Differenzierung der Zweijährigen Höheren Handelsschule in einen betriebswirtschaftlichen und einen sprachlichen Zweig (seit Schuljahresbeginn 1974/75) und der Gymnasiale Aufbauzug der Höheren Handelsschule (seit Schuljahresbeginn 1974/75) beschrieben.
Gegenwärtig wird die schulische Vollzeitausbildung im Ausbildungsberuf Bürokaufmann geplant: Das erste und zweite Ausbildungsjahr sollen als Berufsgrundbildungsjahr und als erste Phase der Fachbildung am Lernort Schule absolviert werden, das dritte am Lernort Betrieb oder in einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte.
Im „Lehrerbrief 1-8, Nürnberg 1975“ stellt Prof. Dr. Waldemar Siekaup unter der Überschrift „Moderne Bürowirtschaftliche Zentren in Deutschland“ die Ausstattung 13 kaufmännischer Schulen mit bürowirtschaftlichen Fachräumen dar. Die Handels- und Höhere Handelsschule Bremen gehört nach der Inbetriebnahme des dritten Bauabschnitts zu den sechs Schulen mit einer modernen Vollausstattung von Fachräumen mit Schreib-, Rechen- und Buchungsmaschinen, einem EDV-Bereich und einem Lehrbüro.
1976 Zwei Jahre nach seiner Einrichtung wird der Gymnasiale Aufbauzug 1976 in die Reform der Gymnasialen Oberstufe einbezogen. Die Fächer Englisch und Wirtschaftslehre werden obligatorische Leistungskurse, Deutsch, Mathematik, Physik und Informatik obligatorische Grundkurse. Die Gymnasiale Oberstufe, deren Einführung Oberschulrat Diplom-Handelslehrer Lübbert Wilts gefördert und das Kollegiumsmitglied Diplom-Handelslehrer Gernot Hecker maßgeblich mitgestaltet haben, erwirbt nicht nur an der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen, sondern auch an ihren beiden anderen Standorten im Lande Bremen bei Schülern und Eltern volle Anerkennung. Das liegt u.a. daran, dass es unzulässig ist, beispielsweise Deutsch, Mathematik und Physik zugunsten anderer Fächer abzuwählen. Die gemeinsame einjährige Eingangsphase mit der Zweijährigen Höheren Handelsschule und der obligatorische Leistungskurs Englisch, der mit wirtschaftsberuflichen Lerninhalten angeboten wird, sowie die ebenfalls als Pflichtleistungskurs geltende Wirtschaftslehre mit betriebswirtschaftlichen Schwerpunkten tragen zu einem eigenständigen Gymnasialprofil in der bremischen Schullandschaft bei.
Nach dem Abitur seines Sohnes an der Gymnasialen Oberstufe an der Höheren Handelsschule schreibt ein Schülervater u.a.: „Vor kurzem hat unser Sohn … Ihre Schule erfolgreich mit dem Abitur verlassen.
Deshalb möchte ich nicht versäumen, mich bei der Direktion und dem Lehrer-Kollegium für die erfolgreiche Ausbildung herzlich zu bedanken. Die Ordnung in Ihrer Schule und das gute Klima, verbunden mit einem vernünftigen Anforderungsniveau an die Schüler, sind erfreulich. Unser Sohn ist gern bei Ihnen zur Schule gegangen und sicherlich insbesondere durch die verständnisvolle Erziehung und Ausbildung der Lehrkräfte gut beeinflußt worden. Nochmals herzlichen Dank für Ihre Erziehung und Ausbildung der jungen Menschen.“
1976 veröffentlicht der Senator für Bildung die Pflichtstundenzahl der Lehrer. „Lehrer haben die gleiche wöchentliche Arbeitszeit wie andere Beamte. Sie ist jedoch aufgegliedert in Unterrichtsstunden (wöchentliche Pflichtstunden) und Stunden für sonstige dienstliche Pflichten wie Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Teilnahme an Konferenzen, Elternbesprechungen, Korrekturen von Klassen- und Prüfungsarbeiten u.a.“ Danach beträgt die Lehrerpflichtstundenzahl in Bremen für Grund-, Haupt- und Realschulen 27 Wochenstunden, für Sonderschulen 26, für Gymnasien (höherer Dienst) 23 und (gehobener Dienst) 27, für berufliche Schulen (höherer Dienst) 23 und (gehobener Dienst) 23 (nach neuerer Rechtssprechung) und (Fachlehrer, Technische Lehrer) 26 sowie für Gesamtschulen 24 Wochenstunden. „Die Landesregierungen halten eine einheitliche Regelung der Arbeitszeit für Lehrer erforderlich. Zu diesem Zweck streben sie an, einheitlich geltende Grundsätze für die Festsetzung der Arbeitszeit der Lehrer zu entwickeln.“
In der Zeit vom 28. Februar bis zum 5. März 1976 nehmen 25 junge Handelsschüler der „Chr. Scholengemeenschap W. Baarda“ aus Sneek bei Groningen am Unterricht der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen teil. „Die Holländer, die mit ihrem Direktor und zwei Lehrern nach Bremen gekommen waren und hier außer Unterricht auch ein großes Bremen-Programm absolvierten, reagierten mit einer Gegeneinladung.“ Bildungssenator Moritz Thape, so die Bremer Nachrichten vom 5. März 1976, habe die erste Begegnung zwischen holländischen und bremischen Handelsschülern auf einem Stehempfang im Bremer Rathaus als eine Pionierstunde bezeichnet.
1978 Mit einer Zeitungsanzeige in der Wochenendausgabe des Weser-Kurier vom 4./5. Februar 1978 lädt der „Verein der Freunde und Förderer der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen“ alle Freunde und Interessenten zu Informationsveranstaltungen am 13., 14. und 15. Februar 1978 ein. Am 16. Februar berichtet der Weser-Kurier u.a.: „Im Rahmen der Informationsveranstaltungen … fanden gestern Besichtigungen des Gebäudes … und der Fachräume statt … Die Interessenten konnten sich auch über Fachtheorie und -praxis, fachtheoretischen Unterricht im Übungskontor … und in den Funktionsbereichen Maschinenrechnen, Maschinenbuchen und Datenverarbeitung informieren … Außerdem gab es für Lehrer, Ausbilder und andere Mitarbeiter eine Fachveranstaltung, in der Einrichtung und Betrieb eines bürowirtschaftlichen Zentrums erläutert wurden.“
In diesem Jahr wird an der Schule als vorübergehende Maßnahme zur Verminderung des Ausbildungsplatzdefizits die dreijährige berufsqualifizierende Berufsfachschule Bürokaufmann mit einer Abschlussprüfung nach Landesrecht eingerichtet. Die Abschlussprüfung wird von einem Prüfungsausschuss aus den unterrichtenden Lehrkräften einschließlich Lehrmeistern und einem Vertreter der Handelskammer abgenommen. Der „Durchlaufplan“ sieht für die Schule im Schuljahr 1978/79 und den sechs folgenden bis 1984/85 jeweils zwei bis vier Klassenverbände vor.
1982 Der bisher zur Handels- und Höheren Handelsschule gehörende Schuleinzugsbereich Bremen-Ost wird einem regionalen Schulzentrum zugeordnet. Schüler(innen) dieses Wohnbereiches mit Interesse für die Zweijährige Höhere Handelsschule dürfen die in Bremen-West gelegene Handels- und Höhere Handelsschule Bremen nicht mehr besuchen.
Interessenten aus dem niedersächsischen Umland müssen die Einverständniserklärung ihrer Bezirksregierung vorlegen, wenn sie die Handels- und Höhere Handelsschule Bremen besuchen wollen. Ein Familienvater aus dem Bremer Umfeld berichtet: „Nach unserem Telefongespräch habe ich mich mit der Bezirksregierung in Verbindung gesetzt. Ergebnis des Gespräches war, daß man mir mündlich die Genehmigung zugesagt hat und vereinbart wurde, daß ich die schriftliche Genehmigung Montagmorgen direkt in Hannover abhole. Anschließend, wahrscheinlich auch noch im Laufe des Morgens, werde ich dann gleich zu Ihnen nach Bremen fahren. Ich lege allergrößten Wert darauf, daß mein Sohn Ihre Schule besuchen kann, zumal ich mit einem anderen Sohn an Ihrer Schule die allerbesten Erfahrungen gemacht habe.“ In einem anderen Schreiben heißt es: „Mit dem als Anlage beigefügten Schreiben wird meiner Tochter von der Bezirksregierung in Lüneburg der Besuch einer berufsbildenden Schule in Bremen erlaubt. Ich hoffe nur, daß der mir aus der Presse bekannte Schulstreit zwischen Bremen und Niedersachsen keinen Einfluß auf die Zulassung und damit auf den beruflichen Werdegang meines Kindes hat. Das meiner Tochter durch Schüler der Zweijährigen Höheren Handelsschule bekannte Bildungsprogramm und das hohe Ausbildungsniveau an Ihrer Schule sind die Gründe für diese Anmeldung. Außerdem wäre ein Abschluß der Höheren Handelsschule die ideale Voraussetzung für eine spätere Berufsausbildung.“
1984 Wie auch von anderen Ausbildungsbetrieben erhält die Schule von einem Versicherungskonzern ein Angebot von Ausbildungsplätzen: „Sehr geehrte Damen und Herren! Zum 01.08.1985 bieten wir die Chance zur Ausbildung zum Versicherungskaufmann beim bedeutenden Industrie-Versicherer. Bevor wir dieses Ausbildungsangebot veröffentlichen, möchten wir Schülern der Höheren Handelsschule die Möglichkeit der Bewerbung geben und danken im voraus für Ihre Unterstützung. Die beigefügten Unterlagen wollen Sie bitte an die entsprechenden Klassen weiterleiten.“
Im März 1984 teilt Bürgermeister Hans Koschnick als Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrages über die deutsch-französische Zusammenarbeit dem Schulleiter mit: „Sehr geehrter Herr Meyer, die Klasse HG II Ihrer Schule hat beim Wettbewerb der Robert Bosch Stiftung um den Frankreich-Preis für das Schuljahr 1983/84 einen hervorragenden 3. Platz erzielt. Als Schirmherr dieses erstmals bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerbs hat es mich natürlich besonders gefreut, daß die Jury auch einen Preis nach Bremen geben konnte. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den beteiligten Schülern und dem die Arbeit betreuenden Lehrer, Herrn Lübbren, meine Anerkennung für diese Leistung aussprechen würden. Dieser Erfolg wird sicherlich Ansporn für die Beteiligung weiterer Klassen an künftigen Wettbewerben sein …“ Nach diesem Erfolg einer Gymnasialklasse der 12. Jahrgangsstufe gelingt es im folgenden Jahr der Klasse HH I a, einer Oberstufenklasse der Zweijährigen Höheren Handelsschule, Jahrgangsstufe 12, ebenfalls einen 3. Platz zu erreichen. Wie im Vorjahr wird auch in diesem Jahr – jetzt mit Schreiben an Herrn Wittig Lange – eine Abordnung der Klasse (zwei Schüler, ein Lehrer) zur Preisverleihung nach Bonn in die Bremer Landesvertretung eingeladen.
1985 Die Schule hat im Schuljahr 1984/85 1097 Berufsfachschüler(innen): Das größte Interesse findet die Zweijährige Höhere Handelsschule für Realschulabsolventen, in der 812 Schüler(innen) in 33 Klassenverbänden der Unter- und Oberstufe unterrichtet werden. Demgegenüber hat die Einjährige Höhere Handelsschule als zweitstärkster Bildungsgang nur noch 126 Schüler(innen) in fünf Klassenverbänden. Es folgt die Zweijährige Handelsschule für Hauptschulabsolventen, die fünf Klassen mit 102 Schüler(innen) aufweist. Die geringste Schülerzahl hat die Berufsfachschule mit dem berufsqualifizierenden Abschluss Bürokaufmann/-frau mit 57 Schüler(inne)n in vier Klassenverbänden.
Der Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst teilt in seinem von Oberschulrat Diplom-Handelslehrer Johannes Werner Hillmann bearbeiteten „Atlas für berufliche Schulen“, Ausgabe 1984/85, hierzu u.a. ergänzend mit: „Sportbauten sind nicht vorhanden, daher wird Sportunterricht in den Turnhallen Elisabethstr., Nordstr. usw. erteilt. Wünschenswert wäre die Umgestaltung des Marktplatzes in eine Sporthalle.“ Als Raumbestand werden 47 Klassenräume und 20 Fachräume aufgeführt, davon drei betriebspraktische Übungsbereiche mit 68 Plätzen. Bei der derzeitigen Raumauslastung von 1400 gegenüber einer Raumkapazität von 1800 Wochenstunden beträfen Planungsaspekte die Angliederung eines Teilzeitbildungsganges oder der Berufsfachschule mit berufsqualifizierendem Abschluss.
Im Schuljahr 1985/86 erreicht ebenfalls eine Abschlussklasse der Zweijährigen Höheren Handelsschule im Rahmen des Fremdsprachen-Wettbewerbs „Der Frankreich-Preis“ mit ihrer Arbeit „Die Post in Deutschland und/et La Poste en France“ einen 2. Platz. Die Jury würdigt die Arbeit als „sehr informativ und ideenreich“ und berichtet weiter: „Nach einem geschichtlichen Überblick über die Entwicklung der deutschen und französischen Post wird die Reise eines Briefes von Bremen nach Bordeaux und umgekehrt anhand einer lustigen Bildergeschichte beschrieben. Den Interviews mit Briefträgern aus beiden Ländern und deren detaillierte Auswertung folgen die Kapitel, die sich mit der Post und ihrer Arbeit, der Post als Unternehmer, ihrer Tarifgestaltung und ihrer Zukunftsbereiche beschäftigen. Der Abschnitt ‚Die Post in Liedern und Gedichten‘ bildet den Schluß der Arbeit.“
1987 Zum Schuljahresbeginn 1987/88 wird der Schule die Reno-Berufsschulabteilung – bisher bei der Kaufmännischen Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie – unter der Abteilungsleiterin Oberstudienrätin Diplom-Handelslehrerin Gisela Castendiek angegliedert. Die Handels- und Höhere Handelsschule hat jetzt folgende Bildungsgänge:
Am 30. Oktober 1987 wird die Leiterin des Schulbüros, Frau Margrit Foppen, von der Schulleitung und dem Lehrerkollegium in den Ruhestand verabschiedet. Wie es in einer Mitteilung des Schulvereins heißt, trug Frau Foppen während ihrer zwölfjährigen Tätigkeit an der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen „insbesondere Verantwortung für die Verwaltung des Schulhaushalts, für das Beschaffungswesen und die Korrespondenz. Wegen ihrer Tüchtigkeit, ihres freundlichen Wesens und ihrer Hilfsbereitschaft erfreute sie sich bei ihren Mitarbeiter(inne)n sowie bei Schüler(inne)n und Lehrer(innen) großer Beliebtheit. Unter den zahlreichen Geschenken, die ihr bei der Verabschiedung überreicht wurden, befindet sich auch eine von einem Computer gedruckte Urkunde mit der Feststellung: ‚Frau Foppen hat sich um die Handels- und Höhere Handelsschule verdient gemacht‘.“
1988 Die Schule beantragt im Februar 1988 bei der Schulbehörde die Anerkennung als Schulzentrum des Sekundarbereichs II zum Schuljahresbeginn 1988/89. Sie begründet ihren Antrag mit der bereits seit dem 1. August 1987 de facto erfolgten Zusammenfassung von Bildungsgängen der Teilzeitberufsschule, der Berufsfachschule und der Gymnasialen Oberstufe zu einem Schulzentrum, bisher „allerdings nur unter den eingeschränkten Bedingungen einer Berufsfachschule“. Die Schulbehörde teilt daraufhin mit, sie werde „noch vor den Osterferien“ den Entwurf eines neuen Schulentwicklungsprogramms vorlegen.
In dem von der Planungsabteilung des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst unter Leitung des Abteilungsleiters Schulplanung, Oberschulrat Diplom-Handelslehrer Walter Freitag, vorgelegten Entwurf ist – für alle Schulangehörigen und die Öffentlichkeit völlig überraschend – die Auflösung der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen vorgesehen. Bis 1995, so lauten die neuen Planungsvorgaben, sollen das Schulgebäude aufgegeben und die Bildungsgänge auf fünf andere Schulstandorte der Stadtgemeinde Bremen verteilt werden.
Dem protestierenden Kollegium wird zu verstehen gegeben, man habe im Rahmen der bremischen Reformpolitik schon ganz andere Denkmäler vom Sockel gestürzt. Das Behördenvorhaben stößt auch auf den entschiedenen Widerstand des Verbandes der Lehrer an Wirtschaftsschulen, der nichtunterrichtenden Mitarbeiter der Schule und des Schulvereins. Der Vorstand des „Vereins der Freunde und Förderer der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen“ wendet sich in mehreren Schreiben und Flugblättern gegen den Auflösungsbeschluss. Die Parteienvertreter von CDU und FDP künden Widerstand an. Auch Handelskammer-Präses Friedo Berninghausen und Handelskammer-Geschäftsführer Dr. Horst Meyer unterstützen die Schule und ihr Kollegium. In der Juniausgabe 1988 der Handelskammer-Zeitschrift „Wirtschaft in Bremen“ erscheint ein Leitartikel mit der Überschrift „Keine leichtsinnigen Experimente!“. Nach einer längeren Bedenkpause wird der Beschluss ausgesetzt, aber erst 1992 von Senator Dr. Scherf offiziell widerrufen.
1989 Am 19. Januar 1989 schreibt der Achimer Kurier unter der Überschrift „Weg zur Handelsschule wieder frei“: „Die Bezirksregierung Lüneburg wird nun auch wieder Absolventen niedersächsischer Realschulen den Besuch der Zweijährigen Höheren Handelsschule in Bremen genehmigen. Dieses Bildungsangebot wurde bereits in den zurückliegenden Jahren von zahlreichen Realschulabsolventen insbesondere aus Achim in Anspruch genommen. Ab Mitte des vergangenen Jahres versagte die Bezirksregierung Lüneburg hiesigen Interessenten die Zustimmung zum Besuch dieser im Lande Bremen gelegenen Schule. Insbesondere die Intervention von Schulleitung und Elternvertretung der Realschule Achim im Kultusministerium machte den Weg zu dieser Bildungseinrichtung wieder frei, für die es an den niedersächsischen Schulstandorten um Bremen herum wie in Osterholz-Scharmbeck oder Verden kein vergleichbares Angebot gibt.“
1989/90 Nach der friedlichen Revolution in der Deutschen Demokratischen Republik im November 1989 erscheint eine Klasse – mit ihrem Klassenlehrer Fritz-Joachim Fischer im Dezember auf Schulfahrt in Schwerin – unangemeldet in der dortigen Kaufmännischen Schule und diskutiert auf Einladung des überraschten Schulleiters Uwe Möller erstmalig mit Schülern seiner Schule. Möller erklärt später, zu „normalen“ Zeiten wäre er dafür ins Gefängnis gekommen. Die Schulleitungen und Kollegiumsmitglieder der Schweriner und einer Rostacker Schule werden anschließend mehrfach zu Informationsgesprächen und Unterrichtshospitationen nach Bremen eingeladen und mit Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien für kaufmännische Berufs- und Berufsfachschulen versorgt. Ebenso fahren Mitglieder des Kollegiums der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen zur Lehrerfortbildung nach Schwerin und Rostock und beraten die Kollegien der kaufmännischen Schulen bei der Erteilung von Fachunterricht im System der sozialen Marktwirtschaft und der Einrichtung von Berufsfachschulklassen des Berufsfeldes Wirtschaft und Verwaltung.
1990 Die Schulbehörde teilt im Juli 1990 den Planungsbeschluss der Deputation für Bildung mit: „Die Handels- und Höhere Handelsschule Bremen wird ein Schulzentrum des Sekundarbereichs II.“ Die Jahrgangsbreite der Handelsschulformen solle verringert werden, was von den Aufnahmekapazitäten der Schulzentren Huckelriede und Horn abhängig sei. Klassen der Zweijährigen Höheren Handelsschule, die das Abitur anstreben, sollen weiterhin am Standort Grenzstraße verbleiben.
1991 Zum Schuljahresbeginn 1991/92 wird die Regionalisierung der Zweijährigen Höheren Handelsschule fortgesetzt. An zwei weiteren Schulstandorten, die bereits im Auflösungsbeschluss 1988 als Ersatzstandorte vorgesehen waren, sollen Klassen aus dem regionalen Schüleraufkommen eingerichtet werden. Das Schulzentrum Huckelriede, dem ein eigener Einzugsbereich zugeordnet wird, kann die vorgesehenen Schüler wegen Raummangels nicht aufnehmen, so dass diese wie bisher an der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen unterrichtet werden. Nach der Bürgerschaftswahl im September 1991 wird eine „Ampelkoalition“ aus SPD, den Grünen und der FDP gebildet. Auf Veranlassung der FDP wird in die Koalitionsvereinbarung eine Bestandsgarantie für die Handels- und Höhere Handelsschule Bremen aufgenommen.
Der Weser-Kurier berichtet am 5. März 1991 unter der Überschrift „Europa ist schon Realität“: „Für die Schülerinnen und Schüler der Handels- und Höheren Handelsschule ist Europa jetzt schon Wirklichkeit: Im Rahmen von Projekten bestehen seit Jahren Kontakte zu Dänemark und Norwegen – auf der Basis von Geschäftsbeziehungen, wie sie erst 1993 bei der Realisierung des EG-Binnenmarktes für die gesamte Wirtschaft gelten werden. Die Verbindungen sind so gut, daß die Bremer Handelsschule jetzt einen bundesweiten Wettbewerb gewonnen hat und mit einem Preis ausgezeichnet wurde … Der Preis des Wettbewerbs, den die Bundesarbeitsgemeinschaft ,Schule Wirtschaft‘ unter dem Motto ,Europa rückt näher – in Schule und Wirtschaft‘ bundesweit veranstaltete, wurde im Rahmen eines Festprogramms in Düsseldorf überreicht. Die Schule hatte dabei auch die Möglichkeit, auf der Lehrmittelausstellung Didacta ’91 ihre Arbeiten vorzustellen.“
Mit Schreiben vom 5. November 1991 beauftragt der Leiter der Schulaufsicht, Oberschulrat Helge R. Meyer, das Kollegiumsmitglied Studienrat Rolf Augustin, „sämtliche Europa-Vorhaben Ihrer Schule, die auf Kooperation mit Schulen im Ausland, auf Lehrer- und Schülerbegegnungen sowie auf die Vermittlung von Kursen in den nicht zum Kanon gehörenden Fremdsprachen abzielen, didaktisch und organisatorisch zu koordinieren. Dieser Auftrag bezieht sich 6esonders auf die laufenden bzw. geplanten Aktivitäten in Partnerschaft mit Schulen in Dänemark, den Niederlanden, Portugal, England und evt. Italien und würdigt die Pionierarbeit, die die Handels- und Höhere Handelsschule und ganz besonders Sie selbst mit großem Einsatz geleistet haben.“
1992 Probeweise wird eine neue Stundentafel für die Zweijährige Höhere Handelsschule eingeführt. Die bisherigen Fächer Betriebsorganisation einschließlich Grundlagen der Datenverarbeitung werden durch Bürowirtschaft/Lernbüro und Datenverarbeitung/Organisation ersetzt, die Fächer Kurzschrift und Maschinenschreiben durch Textverarbeitung. Die bisherigen Arbeitsgemeinschaften werden in die zweistündigen Wahlpflichtkurse integriert (Eurokurse Skandinavien, Benelux, England, Frankreich, Spanien, Italien; Wirtschaftsgeographie, Volkswirtschaftslehre, Recht und Kurzschrift).
Der Weser-Kurier schreibt am 2. Oktober 1992: „,Innerhalb der europäischen Berufsbildung werden die kaufmännischen Berufsfachschulen eine hervorragende Aufgabe zu erfüllen haben.‘ Daran erinnerte Prof. Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, in seiner gestrigen Festrede anläßlich des 90jährigen Bestehens der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen. ‚Wir in Europa‘ lautete das Motto der Jubiläumsveranstaltung, zu der sich zahlreiche Gäste im Schulgebäude in Walle eingefunden hatten. Als Ehrengäste konnte der Leiter der Bildungsstätte, Oberstudiendirektor Jürgen Erich Meyer, neben Bildungssenator Dr. Henning Scherf den Präses der Handelskammer Bremen, Josef Hattig, den Vorsitzenden des Kaufmännischen Vereins ,UNION von 1801‘, Sparkassendirektor Friedrich Rebers, sowie 22 Repräsentanten der kaufmännischen Partnerschulen aus Norwegen, Dänemark, Großbritannien, den Niederlanden, Polen und Italien begrüßen. Unter großem Beifall erklärte Senator Scherf, die Existenz der Handels- und Höheren Handelsschule bleibe gesichert. Die noch vor wenigen Jahren angestrebte Neugliederung von Schulstandorten, die zugleich eine Auflösung der traditionsreichen Handels- und Höheren Handelsschule bedeutet hätte, sei endgültig aufgegeben worden, sagte Scherf.“ Der Geschäftsführer des Walter-Eucken-lnstituts in Freiburg, Dr. Lüder Gerken (ein ehemaliger Schüler der Schule), referiert zum Thema: „Europäische Währungsunion – Ist Europa auf dem richtigen Wege?“.
Handelskammer-Präses Josef Hattig bestätigt in seinem Grußwort, dass die Absolventen der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen in der bremischen Wirtschaft eine bevorzugte Aufnahme finden.
„Die Wirtschaft hat erfahren, daß sowohl die Ausbildung wie auch die Prüfungen der Handelsschule über ein gutes Niveau verfügen. Der große Anteil von Bewerberinnen und Bewerbern aus dem niedersächsischen Umland macht zudem das Anziehende und Nützliche für das nachbarliche Umfeld deutlich. Gewissermaßen ein positives Echo zum Anspruch und zur Tatsache Bremens als Oberzentrum der Region.“ Die Jubilarin, so Hattig, gehe mit der Zeit.
„Wie zukunftsweisend hier unterrichtet wird, zeigt die frühzeitige Ausrichtung der Schule auf den EG-Binnenmarkt. Mit Schulpartnerschaften zu ausländischen Wirtschaftsschulen und Betriebspraktika in wichtigen Regionen des europäischen Marktes beweist die traditionsreiche Handelsschule, daß sie auch für die Zukunft gut gerüstet ist.“
1993 Zum Schuljahresende 1992/93 wird Diplom-Handelslehrer Diplom-Kaufmann Jürgen Erich Meyer nach 28-jähriger Tätigkeit an der Schule, davon 21 Jahre als Schulleiter, von Oberschulrat Helge R. Meier in den Ruhestand verabschiedet. Die kommissarische Schulleitung übernimmt sein Stellvertreter, Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Gernot Hecker. Der scheidende Schulleiter wiederholt seine Wünsche für die Schule und das Kollegium, die er bereits anlässlich des Schuljubiläums geäußert hat: „Meiner Schule wünsche ich, daß sie in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft von den Wettbewerbsreglementierungen befreit wird, die eine weitere Entfaltung ihrer Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Kein Schüler und keine Schülerin, der/die unsere Schule besuchen möchte, sollte daran durch einen unzeitgemäßen Behördendirigismus gehindert werden, wie dies gegenwärtig bedauerlicherweise noch geschieht. Meinem Kollegium wünsche ich eine leistungsorientierte Bewertung seiner Arbeit mit dem Ziel, seine Leistungsbereitschaft und sein Leistungsvermögen auch für die Zukunft zu bewahren.“
1994 Als neuer Schulleiter wird Diplom-Handelslehrer Diplom-Kaufmann und Direktorstellvertreter Kurt Suchsland, bisher Leiter der Abteilung Berufliche Schulen für Wirtschaft und Verwaltung und Direktorstellvertreter am Schulzentrum des Sekundarbereichs II an der Bördestraße, zum Schuljahresbeginn 1994/95 von Oberschulrat Helge R. Meier in sein Amt eingeführt.
Im November 1994 lehnt das Kollegium „weitere Einsparungen in den berufsvorbereitenden Berufsfachschulen und den Teilzeitberufsschulen ab“. Die Versorgung mit Schülerplätzen in Berufsfachschulen liege in Bremen nicht – wie behauptet – über dem Bundesdurchschnitt. Im Bundesdurchschnitt befänden sich ca. 8 % der 16- bis 20-jährigen Jugendlichen in Berufsfachschulen; in Bremen seien es ca. 11 %. Der Unterschied läge darin begründet, dass die bremischen Berufsfachschulen von mehreren hundert Schüler(inne)n aus dem benachbarten niedersächsischen Umland besucht würden. Ziehe man diese von 11 % ab, erfülle Bremen die Quote von 8 %. Auch eine Erhöhung der Schülerfrequenz pro Klasse von jetzt 22,5 auf 28 sei pädagogisch nicht vertretbar. Dies gelte auch für eine Kürzung der Unterrichtsversorgung auf bis zu 10,5 Wochenstunden in der Teilzeitberufsschule.
Auch der Verband der Lehrer an Wirtschaftsschulen weist in seiner Stellungnahme vom 5. Dezember 1994 darauf hin, dass sich der haushaltswirksame Eckwert von 8 % ausdrücklich auf den Anteil der Jugendlichen der Bremer Bevölkerung bezieht. Für die niedersächsischen Schüler(innen), die mit Genehmigung der jeweiligen niedersächsischen Bezirksregierungen bremische Berufsfachschulen besuchen, erfolge im Rahmen des Schulgeldabkommens zwischen Bremen und Niedersachsen ein entsprechender finanzieller Ausgleich. „Die niedersächsischen Schüler gehören demzufolge nicht zu der in Ansatz gebrachten betreffenden Bremer Wohnbevölkerung zwischen 16 und 20 Jahren.“ Gleichwohl hält die Schulbehörde an ihren Sparplänen fest und verfügt die Umsetzung ihres Orientierungsrahmens für die Lehrerausstattung in allen beruflichen Bildungsgängen für das Schuljahr 1995/96.
1995 Am 17. Januar 1995 kommt die Mitgliederversammlung des Schulvereins zur Neuwahl des Vorstandes zusammen. Die bisherigen Vorstandsmitglieder Jürgen Erich Meyer, Fred Mester, Hans-Burkhard Starcke und Heinrich Schmidt-Uenzen kandidieren nicht wieder und scheiden aus dem Vorstand aus. Gewählt werden als Vorsitzender Kurt Suchsland, als stellvertretender Vorsitzender Rolf Augustin und als Schriftführerin Ursula Lampe.
E. Dorothee Brede bleibt weiterhin als Kassiererin im Amt. Die bisherigen Vorstandsmitglieder berichten über die Vereinsaktivitäten der letzten fünf Geschäftsjahre: Zum Beispiel über die bisher ergebnislosen Bemühungen um die Anerkennung der Schule als Schulzentrum des Sekundarbereichs II, die erfolgreiche Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerschulen, die zukunftsorientierte Einrichtung von Euro-Kursen, die Modernisierung der Unterrichtsorganisation u.a. durch Computer-Stundenpläne, die Einführung von Schulabschlussfeiern mit Preisverleihungen, das 90-jährige Schuljubiläum und die jeweiligen Fördermaßnahmen des Schulvereins, die durch zahlreiche Sponsoren ermöglicht und insbesondere durch Heinrich Schmidt-Uenzen umgesetzt wurden.
Die Zeitschrift Wirtschaft in Bremen, Ausgabe Juli 1995, berichtet über die Arbeit der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen: „Die Ersatzteile in London sind jetzt bestellt, und auch die Rechnung für Paris ist unterwegs. Die Geschäftsbriefe nach Polen, Dänemark und Spanien sind gerade noch rechtzeitig rausgegangen. Die Italiener haben einen großzügigen Rabatt gewährt, und mit den Niederlanden konnte man auch handelseinig werden: alles in allem ein erfolgreicher Geschäftstag … Das Unterrichtsfach ,Lernbüro/Bürowirtschaft‘ sowie die sogenannten Euro-Kurse ermöglichen den jungen Leuten an der Höheren Handelsschule Bremen europaweit per Post Handelsgeschäfte abzuwickeln. Mit zwölf Handelsschulen in neun verschiedenen europäischen Ländern steht die Schule in Kontakt. Demnächst sollen die Geschäfte noch ein bißchen schneller gehen, die Schule plant den Anschluß an ein Mailbox-Netz … ,Unsere Grundlagen ändern sich ständig, und dementsprechend verläuft die Ausbildung auch nicht statisch, sondern flexibel‘, erklärt Direktor Suchsland … Daß die Bremer Schule schon jetzt ein gutes Sprungbrett für künftige Einzel-, Groß- und Außenhandelskaufleute oder Speditions-, Versicherungs- und Reiseverkehrskaufleute sowie wirtschafts- und steuerberatende Berufe ist, zeigt ein Blick auf die Absolventen: ‚Etwa 95 Prozent unserer Schulabgänger erhalten einen Ausbildungsplatz‘, schätzt Gernot Hecker, stellvertretender Schulleiter, die Perspektiven der Schulabgänger ein.“
1996 „Die schülerbetriebene Cafeteria an der Handels- und Höheren Handelsschule an der Grenzstraße wurde Ende März offiziell eröffnet und mußte sich gleich auf eine internationale Kooperation einstellen“, berichtet der Weser-Report am 21. April 1996. „Die seit dem 18. März zu einem Studienaufenthalt an der Schule weilenden dänischen Schüler von der Arhus Kobmandsskole servierten den Tagesgästen typisch dänische Spezialitäten … Die schülerbetriebene Cafeteria soll den Beteiligten wichtige Schlüsselqualifikationen vermitteln, die im normalen Unterricht erweitert und ergänzt werden … Hinzu kam, daß die Schüler sich mit den dänischen Gästen verständigen mußten und ihre Fremdsprachenkenntnisse gefordert waren. Für erfolgreich abzuschließende Geschäfte auf internationaler Basis eine unabdingbare Voraussetzung …“
Wegen fehlender Ausbildungsplätze wird im November 1996 – wie bereits von 1978 bis 1985 – im Rahmen eines Senatsprogramms zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze eine Berufsfachschule mit berufsqualifizierendem Abschluss für Bürokaufleute eingerichtet. Der dreijährige Bildungsgang mit einer Berufsausbildungsabschlussprüfung vor der Handelskammer Bremen vermittelt eine breite Berufsgrundbildung im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung – Schwerpunkt Bürowirtschaft und kaufmännische Verwaltung – und eine anschließende Fachbildung zum anerkannten Ausbildungsberuf Bürokaufmann/-frau. Die fachpraktische Ausbildung erfolgt in einer schulischen Übungsfirma und während einer zwölfwöchigen Praktikantenausbildung in Bremer Wirtschaftsbetrieben.
1997 Am 16. September 1997 warnt der Verband der Lehrer an Wirtschaftsschulen in einer Presseerklärung: „Auflösung der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen – ein bildungspolitisches Desaster – ein Beispiel kaufmännischer Inkompetenz!“ Das Bildungsressort habe vorgeschlagen, „zur Deckung einer Haushaltslücke von 10 Mio. das Gebäude der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen an der Grenzstraße in Walle zu verkaufen, die Schule aufzulösen und die Bildungsgänge dieser Schulen auf andere Schulen am Stadtrand der Stadtgemeinde Bremen zu verteilen. Diesen Vorstellungen widerspricht der vlw entschieden!“ Erklärtes Ziel gegenwärtiger bremischer Bildungspolitik und Bildungsverwaltung sei offenbar die Zurückdrängung der kaufmännischen Berufsfachschulen um jeden Preis, und zwar durch eine verringerte Anzahl zugelassener Klassen, eine Erhöhung der Klassenfrequenzen über das übliche Maß, geringere Mittelzuweisungen und jetzt durch Zerschlagung der Handels- und Höheren Handelsschule an der Grenzstraße.
Dies alles, obwohl bekannt sei, dass dieser Schultyp „erheblich zur Verbesserung der Ausbildungsreife der Jugendlichen und zur Verringerung der Ausbildungsdefizite der Sekundarstufe I beiträgt, … mit seinen Abschlußmöglichkeiten von der Fachhochschul- und der allgemeinen Hochschulreife eine attraktive Alternative zum allgemeinen Bildungsweg darstellt (und) Absolventen dieses Bildungsgangs gerade von der bremischen Wirtschaft gerne in Ausbildungsverhältnisse übernommen werden“. In Anerkennung der bremischen Haushaltsnotlage fordert der vlw Finanz- und Bildungssenator auf, „zunächst unvoreingenommen festzustellen, welches Schulgebäude der Sekundarbereiche I und II auf dem Immobilienmarkt zu welchem Preis überhaupt verkäuflich ist (und) erst danach unter Berücksichtigung der Kapazitätsauslastung betroffener Schulen eine Verlagerung von Schulen bzw. Bildungsgängen zu diskutieren“.
Nach einem Zeitungsbericht unter der Überschrift „Angst um Existenz der alten Bremer Handelsschule“ räumt der Leiter des Referats Schulentwicklungsplanung bei der Bildungsbehörde, Hermann Busse, ein, „daß wir uns im Rahmen des gesamten Finanzierungskonzepts in der Lage sehen, auf ein Gebäude der kaufmännischen Berufsschulen zu verzichten, um einen Erlös von zehn Millionen Mark zu erzielen. Nun glaubt die Handels- und Höhere Handelsschule plötzlich, daß sie dran ist.“ Dies müsse aber keineswegs der Fall sein. In Bremen gebe es sechs kaufmännische Schulen, „deren Standorte und Existenz im Spiel seien“. Der derzeit in der Behörde laufende Prüfungsvorgang werde nach Beendigung mit den betroffenen Schulen diskutiert. Der Verband der Lehrer an Wirtschaftsschulen – so der Zeitungsbericht – sei nun mit seiner Protesterklärung dazwischen gekommen.
Die Schule beteiligt sich an dem am 1. November 1997 beginnenden Modellversuch der Bund-Länder-Kommission „Kundenorientierung in der kaufmännischen Berufsausbildung“. Ziel des Modellversuchs ist es, „bereits in der kaufmännischen Erstausbildung, bzw. in den berufsvorbereitenden Fachschulen, zentrale Aspekte der Kundenorientierung in den wirtschaftsberufliche; Fächern zu erproben“. In der Bremer Projektgruppe aus Kollegiumsmitgliedern der kaufmännischen Schulen Bördestraße (Koordinationsschule), Grenzstraße und Walliser Straße arbeiten vom Schulzentrum Grenzstraße Rolf Augustin, Hartmut Lorenz und Christel Spielhoff (Abt. Handels- und Höhere Handelsschule) sowie Eckhard Friedrichs, Karl Philipp, Manfred Runge und Wolfgang Schulz (Abt. Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie) mit. Die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs, dessen Abschlussbericht im Februar 2002 vorgelegt wird, erfolgt durch Prof. Dr. Gerald A. Straka und Dr. Markus Stöckl von der Universität Bremen.
1998 Nach den Schulschließungsplänen von 1988 und der erst 1992 durch den damaligen Bildungssenator Dr. Henning Scherf verkündeten Bestandsgarantie für die Handels- und Höhere Handelsschule Bremen stellt die 1997 von der Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs erneut angefachte Schulschließungsdiskussion für das Kollegium und die Schulleitung auch angesichts des Vertrauensverlustes gegenüber schulpolitischen Zusagen eine große Herausforderung dar. Die Gesamtkonferenz des Kollegiums und die Schulkonferenz mit allen am Schulleben beteiligten Gruppen, der Ausbildungsbeirat und der Schulverein, die Lehrerverbände und der Personalrat Schulen, die Handelskammer und die Hanseatische Rechtsanwaltskammer, die Ortsämter Walle, Huchting und Obervieland sowie die ausländischen Partnerschulen setzen sich für den Erhalt der Schule ein. In zahlreichen Leserbriefen wird auf den guten Ruf der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen hingewiesen und auf die nachteiligen Folgen, die sich aus einer Schulauflösung für Eltern und Schüler, die Ausbildungsmöglichkeiten für den kaufmännischen Nachwuchs und den Wirtschaftsstandort Bremen insgesamt ergeben. Nach vielen variantenreichen Stellungnahmen und einer langen Diskussions- und Argumentationsphase, in der sich Schulleiter Kurt Suchsland mit großem Sachverstand und souveräner Verhandlungsführung als überzeugender Sachwalter seiner Schule erweist, zeichnet sich Ende 1998 die Auflösung des Schulzentrums Holter Feld mit Gymnasialer Oberstufe und gewerblicher Fachrichtung (Grundstücksverkauf an DaimlerChrysler) und des Schulzentrums Huckelriede mit gymnasialer Oberstufe und Berufsschule kaufmännischer Fachrichtung (anschließende Gebäudenutzung durch die Hochschule Bremen) ab. Die nach Auflösung des zentralen Bremer Berufsschulzentrums erst in den siebziger Jahren mit einer Gymnasialen Oberstufe zum Schulzentrum Huckelriede vereinigte Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie soll zum Schuljahresbeginn 1999/2000 mit der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen am Standort Grenzstraße fusionieren. Die Gesamtkonferenz und die Schulkonferenz der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen stimmen zu.
1999 Als Ergebnis dieser Entscheidung wird die Handels- und Höhere Handelsschule Bremen zum 1. August 1999 in das „Schulzentrum des Sekundarbereichs II an der Grenzstraße“ umgewandelt. „Dieses Schulzentrum“ – so das schulische Informationsblatt – „ist entstanden aus der traditionsreichen Handels- und Höheren Handelsschule Bremen und der beruflichen Abteilung des Schulzentrums des Sekundarbereichs II Huckelriede (Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie). Es ist das größte kaufmännische Berufsschulzentrum im Stadtgebiet Bremen mit mehr als 2000 Schülerinnen und Schülern und ca. 100 Lehrerinnen und Lehrern.“ Die Vollzeitbildungsgänge der Berufsfachschule und der Gymnasialen Oberstufe der Handels- und Höheren Handelsschule Bremen mit ca. 700 Berufsfachschülern und 70 Gymnasiasten werden „Abteilung Handels- und Höhere Handelsschule / Gymnasiale Oberstufe“ unter Leitung von Gernot Hecker, der zugleich stellvertretender Leiter des Schulzentrums ist. Die „Abteilung Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie“ mit ca. 1400 Berufsschülern umfasst sämtliche Teilzeitbildungsgänge mit Fachklassen für Bank-, Versicherungs- und Industriekaufleute, Rechtsanwalts-, Notar- und Patentanwaltsfachangestellte, Sozialversicherungsfachangestellte und Fachangestellte für Arbeitsförderung unter der Leitung von Lutz Dreyer (Abteilungsleiter) und Wolfgang Schulz (stellvertretender Leiter). Die Schulintegration wird durch einen Ausschuss aus beiden Abteilungen begleitet, dem unter Moderation durch das Landesinstitut für Schule die Kolleginnen Gisela Hedtke und Petra Jendrich und die Kollegen Helmut Loos, Oscar Brehm und Rainer Rüßmann angehören. Die „übergreifenden Aufgaben“ der Organisation des Schulzentrums werden von Wulf Bergmann, Walther Meyer und Wolfgang Schulz wahrgenommen, die Betreuung der Bücherei von Wulf Bergmann, der Cafeteria von Rainer Rüßmann (zugleich Vertrauenslehrer der Schülerschaft) und die Netzbetreuung von Werner Fabisch, Manfred Große-Halbuer, Karl Philipp und Pierre Tussinger. Die Hausverwaltung obliegt dem Hausmeister, Herrn Freund. Für die Verwaltungsarbeiten im Schulbüro sind die Verwaltungsfachangestellten Frau Gehle, Frau Fiebiger und Frau Dreier und Herr Riesmeyer zuständig. Das neue Schulzentrum weist für seine Arbeit folgende zusätzlichen „pädagogischen Schwerpunkte“ aus: Integration moderner Informations- und Kommunikationstechniken – Europa-Orientierung durch besondere Euro-Kurse, vier Fremdsprachen und zahlreiche Auslandskontakte – Projekt Berufs- und Lebensplanung – Projekt Systematisches Teamtraining (Kommunikations- und Methodentraining) – Teilnahme an Modellversuchen: Internationalisierung in beruflichen Schulen (Klassen der Kaufmännischen Berufsschule) und Kundenorientierung in der kaufmännischen Berufsausbildung (Klassen der Höheren Handelsschule und der Berufsschule für Kreditinstitute und Industrie). Als „weitere Aktivitäten“ werden aufgeführt: „Professionelle Beratung bei Schwierigkeiten schulischer, beruflicher und privater Art durch unsere Beratungslehrerin Frau Spielhoff“ – Internet-Cafe: Herr Tussinger – Cafeteria „von Schülern der Berufsfachschule und der Gy-HH betrieben“.
Schulleiter Kurt Suchsland bedankt sich zum Jahresende bei seinem Kollegium in einem Schreiben mit neuem Schullogo: „… Die Handels- und Höhere Handelsschule verlor zwei Jahre vor ihrem 100-jährigen Bestehen ihren Schulnamen; die Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie verlor gar ihr Schulgebäude. Beide firmieren nun vereint als Schulzentrum des Sekundarbereichs II an der Grenzstraße. Diese – in nur zwei Sätzen kurz und bündig skizzierte – Entwicklung vermittelt nicht im Entferntesten einen Eindruck davon, welchen Ärger, welche Mühen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf sich genommen haben, zunächst um die Schulschließung zu verhindern – und dann, um die Fusion auf den richtigen Weg zu bringen. Zugleich durften wir eine Teilsanierung unserer Gebäude erleben … Bei allem, was in diesem Jahr mit uns passiert ist: Keiner hat die Fassung verloren, jede(r) hat auf seine Art zum Gelingen des Starts des neuen Schulzentrums beigetragen. Dafür möchte ich Ihnen ganz herzlich danken! …“ Der Schulleiter wünscht seinem Kollegium alles Gute für das Jahr 2000. „Kommen Sie gut ins neue Jahrtausend, und seien Sie sich dessen sicher: Auch das nächste Jahrtausend hält mit Sicherheit für die Pädagogen an der Grenzstraße einige Überraschungen bereit.“
2000 Die 1974 gegründete und 1976 reformierte Gymnasiale Oberstufe der Höheren Handelsschule wird nach einem Beschluss der Bildungsdeputation ab 1. August 2000 als Berufliches Gymnasium Wirtschaft (BGW) weitergeführt. Sie wird in Abkehr von der bremischen Integrationspolitik und in Anlehnung an das niedersächsische Fachgymnasium Wirtschaft aus der bisherigen integrativen Verbindung der Klassenstufe 11 mit der Unterstufe der Zweijährigen Höheren Handelsschule herausgelöst und als eigenständige gymnasiale Einführungsphase im Sinne der Brückenfunktion zwischen der Sekundarstufe I und der Kursphase der Jahrgangsstufen 12 und 13 ausgestaltet. An den bewährten Strukturmerkmalen der Gymnasialen Oberstufe der Höheren Handelsschule soll festgehalten werden: Auch weiterhin werde überwiegend in festen Lerngruppen unterrichtet und die Durchlässigkeit zur Zweijährigen Höheren Handelsschule erhalten bleiben. Leistungskurse sind Betriebswirtschaft mit Rechnungswesen/Controlling sowie Englisch oder Deutsch, Grundkurse sind Deutsch, Englisch, Französisch oder Spanisch, Darstellendes Spiel oder Kunst, Politik, Geschichte, Wirtschaftspraxis, Volkswirtschaftslehre, Mathematik, Physik, Informationsverarbeitung und Sport. In den Fächern Volkswirtschaftslehre und Geschichte soll nach schulischen Planungen ein bilinguales Angebot in Englisch realisiert werden. Das Berufliche Gymnasium Wirtschaft wende sich – so der Schulprospekt – „an junge Leute, die einen Beruf mit kaufmännischen Inhalten anstreben“. Als Ausbildungsberufe werden Bank-, Industrie-, Versicherungs-, Speditionskaufmann/-frau genannt, als Studiengänge Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Ökonomie, Sozialwissenschaften, Managementstudiengänge, Handelslehramt usw. Die Aufnahmekapazität für die Jahrgangsstufe 11 wird auf zwei Lerngruppen beschränkt. Die Leitung des Beruflichen Gymnasiums übernimmt Hermann Kück (zuvor Leiter der GyO-HH), der auch die erfolgreichen Verhandlungen mit der Schulbehörde zur Reform der Gymnasialen Oberstufe des Schulzentrums geführt hat.
Die Schule ist auch am BLK-Modellversuch „Electronic Commerce in der kaufmännischen Berufsausbildung“ beteiligt, der von Prof. Dr. Herbert Kubicek, Universität Bremen, wissenschaftlich begleitet wird. Zentrales Ziel ist es, „den Schülern einen Gesamtüberblick über das Online-Business zu vermitteln, ihnen Probleme aufzuzeigen und zusammen mit ihnen Lösungen zu entwickeln“. An der Projektgruppe der Kaufmännischen Schulen Bördestraße (Koordinationsschule), Grenzstraße und Walliser Straße beteiligen sich vom Schulzentrum Grenzstraße die Kollegiumsmitglieder der Berufsschulabteilung Friedrich Greve, Manfred Große-Halbuer, Karl Philipp und Manfred Runge.
Am 23. März 2000 berichtet der Weser Kurier über Planungen der Bildungsbehörde, die Zweijährige Höhere Handelsschule „zu Gunsten neuer und kürzerer Bildungsgänge abzuschaffen“. Diese Planungen seien beim Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) auf Unverständnis und Protest gestoßen. Der CGB-Vorsitzende Peter Rudolph wird mit den Worten zitiert: „Die Zweijährige Höhere Handelsschule hat sich in Jahrzehnten bewährt. Ihre Abschaffung würde dazu führen, dass die Zahl der unversorgten Ausbildungsplatzbewerber weiter anstiege.“ Fachleute rechneten mit bis zu 300 zusätzlichen Bewerbern, da bei Umsetzung der Behördenpläne von den 500 Plätzen der Höheren Handelsschule lediglich 240 junge Leute vergleichbare Bildungsgänge finden würden. Betroffen seien besonders die leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler. Rudolph zu den finanziellen Erwägungen der Schulbehörde: „Möglichen Einsparungen im Bildungsbereich stünden dann höhere Aufwendungen des Arbeitsressorts und der Bundesanstalt für Arbeit gegenüber.“ Der Weser-Kurier berichtet außerdem, dass der Verband der Lehrer an Wirtschaftsschulen ähnliche Bedenken geäußert habe: „Der Verband legte sogar ein umfangreiches Konzept über die künftige kaufmännische Berufsausbildung vor, in dem auch die Höhere Handelsschule in ihrer jetzigen Form ihre Bedeutung hat.“
Obwohl der Eindruck besteht, dass die Behörde des Senators für Bildung und Wissenschaft die feste Absicht hat, die Zweijährige Höhere Handelsschule im Lande Bremen völlig abzuschaffen und durch eine neue Einjährige Höhere Handelsschule für besonders leistungsfähige Interessenten zu ersetzen, gelingt – offensichtlich nach einer Intervention beim Senator für Bildung und Wissenschaft, Willi Lemke – ein Kompromiss zwischen den Vertretern der Berufsfachschulen, der Ausbildungsbetriebe und der Handelskammer einerseits und der Schulbehörde andererseits: Die Zweijährige Höhere Handelsschule bleibt mit verschärften Zulassungsbedingungen und einer wesentlich geringeren Schülerzahl erhalten, die u.a. durch die zum Schuljahresbeginn 1999/2000 in Kraft getretene „Niedersachsenquote“ von nur 5 Prozent niedersächsischer Schüler erreicht werden soll. Sie wird auch weiterhin den schulischen Teil der Fachhochschulreife vermitteln und im öffentlichen Dienst in Verbindung mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung den Eintritt in eine Berufsausbildung für die gehobene nicht-technische Laufbahn ermöglichen. „Viele Unternehmen schätzen die Absolventen/-innen unserer Schule genauso wie Abiturienten/-innen“, heißt es im Informationsblatt der Schule. „Wenn Sie gut sind, kann Ihre Ausbildung um sechs Monate bis zu einem Jahr verkürzt werden.“ Gleichzeitig wird ein einjähriger Bildungsgang der Höheren Handelsschule mit einem hohen Qualitätsanspruch eingerichtet, der in Kombination mit einer nachfolgenden abgeschlossenen Berufsausbildung die Fachhochschulreife vermittelt. Die Prognose der zukünftigen Schülerzahlen für das Schulzentrum an der Grenzstraße lautet für die Zweijährige Höhere Handelsschule im ersten Schuljahr (Unterstufe) 144 und im zweiten Schuljahr (Oberstufe) 130 Schüler(innen) – gegenüber 320/167 im Schuljahr 1998/99 und 468/363 im Schuljahr 1989/90. Demgegenüber lautet die prognostizierte Schülerzahl in der neuen Einjährigen Höheren Handelsschule für das laufende und das nächste Schuljahr je 24 und für die folgenden drei Schuljahre je 48.
In der Zeit vom 8. bis zum 19. Mai 2000 führt die Schule für eine dänische Schülergruppe aus Vejle ein umfangreiches Unterrichts- und Besichtigungsprogramm durch. Vormittags findet Unterricht in den Bereichen Deutsch, Kommerzielle Kommunikation, Telefontraining, Textverarbeitung, Internet, Sozialkunde und Marktstudien statt, nachmittags ein Besuch in der Handelskammer Bremen, zwei Werksbesichtigungen, eine Stadtführung, der Besuch eines Bundesligaspiels und an einem Abend des Musicals Jekill & Hyde. Der Sonntag ist einem Ganztagesausflug nach Hamburg gewidmet, der letzte Bremen-Tag wird mit der Präsentation der Ergebnisse und der Abschlussbesprechung beendet. Diese Veranstaltung wird seitdem in jedem Jahr im Rahmen eines einwöchigen Programms mit jeweils einer neuen Gruppe aus Vejle wiederholt.
2002 Im März 2002 legt die Schule ihr umfassendes Schulentwicklungsprogramm als regionales „Berufliches Bildungszentrum“ vor, in dem schwerpunktmäßig die Schulprofile als Kompetenzzentrum für Finanz- und Beratungsdienstleistungen und für E-Commerce definiert werden. Für alle Bildungsgänge werden das aktuelle Bildungsangebot, die Einordnung in den regionalen Innovationsprozess, die Entwicklungsperspektiven und die Kooperationsbeziehungen dargestellt. Thematisiert werden insbesondere gegenwärtiger Stand und zukünftige Entwicklung der Organisationsstruktur im Sinne eines personen- und leistungsorientierten Teammanagements mit dezentralen Entscheidungsstrukturen, des Personalkonzepts mit neuen Verfahren und Kriterien der Personalbeschaffung und -qualifizierung und des Qualitätssicherungssystems des zukünftigen Kompetenzzentrums. Das Schulzentrum nimmt ab 2002 mit dem Beruflichen Gymnasium und dem Berufsschulzweig am Projekt „Schule und Partner“ teil.
Am 31. Oktober 2002 schreibt der Weser-Kurier unter der Überschrift „Für den Handel im Internet ausgebildet – Bundes-Modellversuch zum E-Commerce ging gestern zu Ende“: „Es gibt schöne Titel – zum Beispiel E-Commerce-Junior-Assistent, E-Commerce-Junior-Teacher, E-Commerce-Teacher … 250 Berufsschüler aus kaufmännischen Berufen, 15 Berufsschullehrer und 15 Referendare halten nun die entsprechenden Zertifikate in Händen. Hinter diesen
Dokumenten, ausgegeben in der Arbeitnehmerkammer vom Bildungssenator Willi Lemke, steht der Verband der deutschen Internetwirtschaft ECO. Nach seinen Maßgaben haben in dem Modellversuch drei Schulen – Börde-, Grenz- und Walliser Straße – inhaltliche und formale Standards erarbeitet, die ein solches Zertifikat rechtfertigen. Nach diesen Standards können nun ‚bundesweit Schüler der kaufmännischen Berufe ausgebildet werden‘, so Christian Wiedwald von der Uni Bremen, tätig in der wissenschaftlichen Begleitforschung.“
Zum Schuljahresende 2001/02 scheidet der stellvertretende Schulleiter und Abteilungsleiter Handels- und Höhere Handelsschule/Berufliches Gymnasium Wirtschaft Studiendirektor Diplom-Handelslehrer Gernot Hecker aus dem aktiven Schuldienst aus; sein Nachfolger wird Diplom-Handelslehrer Werner Fabisch. Sein Stellvertreter ist Hermann Kück (zugleich Leiter des Beruflichen Gymnasiums für Wirtschaft).
2003 „Im Juli werden die ersten Schülerinnen und Schüler der neuen Einjährigen Höheren Handelsschule ihre kaufmännische Berufsvorbereitung abgeschlossen haben. Dieser neue Bildungsgang, der zusätzlich zur bestehenden Zweijährigen Höheren Handelsschule im Schulzentrum Grenzstraße eingerichtet wurde, wendet sich in erster Linie an leistungsstarke und motivierte Absolventen der Realschule, die eine kaufmännische Berufsausbildung anstreben und sich qualifiziert vorbereiten wollen.“ Werner Eisenach, Referent für die kaufmännische Berufsausbildung beim Senator für Bildung und Wissenschaft, weist in der Februar-Ausgabe 2003 der Zeitschrift Wirtschaft in Bremen in seinem Artikel unter der Überschrift „Neuer Bildungsgang für den kaufmännischen Nachwuchs in Bremen“ insbesondere auf den starken Praxisbezug, die branchenspezifische Berufsvorbereitung und Verzahnung mit einer anschließenden kaufmännischen Berufsausbildung hin sowie auf die Möglichkeit, die Fachhochschulreife zu erwerben.
Die „Einjährige Höhere Handelsschule/DQ – doppelqualifizierend in Verbindung mit abgeschlossener Berufsausbildung“ am Schulzentrum Grenzstraße, deren Bereichsleiter Thomas Koball ist, enthält in der Stundentafel des fachrichtungsbezogenen Lernbereichs die Lernfelder Wirtschaft/Controlling sowie nach Wahl der Schüler(innen) ein branchenspezifisches Lernfeld: Industrie oder Finanzdienstleistungen oder Recht und Steuern oder Groß- und Außenhandel. Die praktische Schulausbildung im Lernbüro und im Lernfeld Medienkompetenz wird durch ein dreiwöchiges Betriebspraktikum ergänzt, von dem ein Drittel in den Schulferien abzuleisten ist. Die Fachhochschulreife wird erworben, wenn nach erfolgreichem Schulabschluss bis zum Ende der anschließenden Berufsausbildung eine KMK-Zertifikatsprüfung in der Fremdsprache (berufsbezogener Teil) bestanden wird.
Das Schulzentrum Grenzstraße hat im Schuljahr 2002/03 insgesamt 2023 Schüler(innen), davon 1420 Teilzeitschüler(innen) in der Abteilung Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie, 502 Vollzeitschüler(innen) in der Abteilung Handels- und Höhere Handelsschule sowie 101 Vollzeitschüler(innen) im Beruflichen Gymnasium Fachrichtung Wirtschaft. Die Zahl der Klassen beträgt in der dreijährigen Kaufmännischen Berufsschule 67, davon jeweils 17 für Bankkaufleute und Industriekaufleute, 14 für Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, zehn für Versicherungskaufleute, sechs für Sozialversicherungsfachangestellte und drei für Fachangestellte für Arbeitsförderung. Die Handels- und Höhere Handelsschule hat 23 Klassen: eine in der Einjährigen Höheren Handelsschule mit Doppelqualifizierung, neun in der Zweijährigen Handelsschule und 13 in der Zweijährigen Höheren Handelsschule. Im dreijährigen Beruflichen Gymnasium Wirtschaft werden sechs Klassen geführt.
Von der Handelsschule der UNION zum Schulzentrum des Sekundarbereichs II an der Grenzstraße
(Kurt Suchsland)
Jahr |
Name |
1902/03 |
Handelsschule der UNION |
1907 |
Handelsschule der UNION |
1922 |
Handelsschule der UNION zu Bremen – Schule für den Großhandel |
1942 |
Handels- und Höhere Handelsschule der Hansestadt Bremen |
1946 |
Kaufmännische Bildungsanstalten Bremen, Abteilung: Handels- und Höhere Handelsschule |
1954 |
Kaufmännische Bildungsanstalten Bremen, Abteilung: Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie |
1961 |
Handels- und Höhere Handelsschule Bremen (Standort Grenzstraße), Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie (Standort BBZ) |
1986 |
Schulzentrum des Sekundarbereichs II Huckelriede, Abteilung: Kaufmännische Berufsschule für Kreditinstitute, Versicherungen und Industrie |
1999 |
Schulzentrum des Sekundarbereichs II an der Grenzstraße |